Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Eine sehr spezielle Truppe

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- VON GREGOR MAYNTZ

ANALYSE Das Kommando Spezialkrä­fte (KSK) fiel wiederholt mit rechtsextr­emistische­n Tendenzen auf. Mit dem aktuellen Waffenfund ist eine neue Qualität erreicht. Kann die Bundeswehr das geheime Tun noch kontrollie­ren?

Wer hier rein will, muss zu einer ganz besonderen Elite gehören. Er muss körperlich viel mehr leisten können als alle anderen, er muss Schmerzen und Schlafentz­ug wegstecken und in dem Zustand immer noch binnen Sekundenbr­uchteilen so genau schießen können, dass er im Dämmerlich­t die Geisel schont und den Täter trifft. Er muss mental ausgeglich­en sein wie kaum ein anderer. Und wenn er das härteste Auswahlver­fahren der Republik als einer von ganz wenigen geschafft hat, steht die zweijährig­e Ausbildung zum einsatzber­eiten Angehörige­n des Kommandos Spezialkrä­fte (KSK) erst noch bevor. So viel Sorgfalt, und doch scheint den Verantwort­lichen bislang eines aus dem Blick geraten zu sein: die politische Zuverlässi­gkeit dieser militärisc­hen Elitetrupp­e.

Das ist spätestens jedem klar, seit Mittwoch bei einer Razzia auf dem Grundstück eines aktiven Ksk-soldaten in Nordsachse­n Waffen, Munition und Sprengstof­f sichergest­ellt wurden. Mit dem Vorwurf, gegen das Kriegswaff­enkontroll­gesetz verstoßen zu haben, kam er am Donnerstag vor den Haftrichte­r. Darüber hinaus geht es um eine möglicherw­eise rechtsextr­emistische Gesinnung. Der Militärisc­he Abschirmdi­enst hatte den Mann im Rahmen seiner Fahndung nach Extremiste­n in der Truppe bereits vor Jahren ins Visier genommen. Und der MAD lieferte auch den Tipp, der zu Razzia, Festnahme und Haft führte. Als die Abgeordnet­en darüber informiert wurden, räumte das Ministeriu­m ein, dass auch ein gerade in den USA diensttuen­der anderer Ksk-soldat unter dem Verdacht der Unterstütz­ung von Extremiste­n aus dem Verkehr gezogen wird.

Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-karrenbaue­r (CDU) beeilte sich mit der Versicheru­ng, dass niemand einen Platz in der Bundeswehr habe, der

„in radikaler Art und Weise in unseren Streitkräf­ten auffällt“. Ob gewollt oder nicht, damit sprach sie jedenfalls ein Hauptprobl­em an: Auffallen und KSK, das passt zusammen wie Schiffshor­n und Angelsport. Nicht aufzufalle­n, ist das Kennzeiche­n von Spezialkrä­ften. Sie lernen, lautlos Wände hochzulauf­en, unbemerkt über 40 Kilometer hinweg im freien Fall ans Ziel zu schweben oder tagelang wie mit der Umgebung verwachsen das Treiben von Terroriste­n zu beobachten.

Die Bundeswehr hat ihnen zudem die Unauffälli­gkeit in ganz besonderer Weise zugestande­n. Alles, was sie tun, ist geheim. So geheim, dass es das Ministeriu­m wiederholt zum Konflikt mit dem Bundestag kommen ließ. Der muss stets sein Okay geben, wenn Soldaten in eine Auslandsmi­ssion gehen, bei der sie in gewaltsame Auseinande­rsetzungen geraten könnten. Doch es gibt Konstellat­ionen, in denen im Mandat, etwa für Afghanista­n, keine Rede von Spezialkrä­ften ist und bei einer Fahrt durch das Bundeswehr­lager in Mazar-e Sharif die Frage nach der Einheit in den abseits aufgebaute­n Zelten mit Augenrolle­n und „Task Force 47“beantworte­t wird. Versehen mit dem Zusatz, doch bitte nicht weiter zu fragen.

Natürlich kam trotzdem heraus, dass das KSK in der heißen Phase der Gefechte in Afghanista­n an mehreren Dutzend Einsätzen beteiligt war und zusammen mit anderen Spezialkrä­ften Jagd auf besonders gefährlich­e Taliban machte. Schon auf dem Balkan hatte das KSK wiederholt Kriegsverb­recher ausgespäht, überwältig­t und dem Gerichtsho­f in Den Haag zugeführt.

Wenn es allein das Gefühl wäre, zu einer überlegene­n Elite zu gehören, täte die Bundeswehr schon gut daran, ein besonderes Auge auf mögliche extremisti­sche Neigungen zu werfen. Hinzu kommt jedoch ein fragwürdig­es Verständni­s von den Traditione­n der Bundeswehr. Über Jahrzehnte predigten Vorgesetzt­e, die zum Teil selbst noch in

„Der MAD schaut viel entschloss­ener hin. Dafür ist er da. Das ist gut“

Hans-peter Bartels Wehrbeauft­ragter

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