Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kita in Remscheid schließt wegen Corona
Kurz nach Öffnung der Betreuungseinrichtungen für weitere Kinder muss eine schon wieder zumachen. Vorbeugende Tests hält der Familienminister nicht für realistisch. Die Opposition vermisst klare Perspektiven für Eltern.
DÜSSELDORF/REMSCHEID Kurz nach Wiedereröffnung der Kitas in NRW für weitere Kinder ist eine Einrichtung in Remscheid schon wieder geschlossen worden. Ein Kind, das seit Montag dieser Woche die Notbetreuung der evangelischen Kita in Remscheid-hasten besuchte, sei positiv auf das Coronavirus getestet worden, teilte die Stadt mit. Das Kind steckte sich nach Angaben der Stadt in der eigenen Familie an, entwickelte aber keine Symptome. Drei andere Kinder und drei Mitarbeiterinnen, zu denen das Kind in der Kita Kontakt hatte, sind nun für 14 Tage in häuslicher Quarantäne.
Weil das Virus erst nach einigen Tagen nachweisbar ist, werden sie am kommenden Montag auf eine mögliche Infektion getestet. Mit Ergebnissen ist dann am darauffolgenden Tag zu rechnen. Auch Personen, die keinen unmittelbaren Kontakt zu dem Kind hatten, werden getestet. Dieses Vorgehen sei der vereinbarte Weg für Gemeinschaftseinrichtungen, sagt die Sprecherin der Stadt, Viola Juric.
Die Remscheider Kita ist nach Angaben des Nrw-familienministeriums vom Donnerstag bisher ein Einzelfall. Auch in verschiedenen Schulen in NRW war es kurz nach der Öffnung bereits wieder zu Corona-fällen und vorübergehenden Schließungen gekommen.
Gerade in Kitas sind Betreuer einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt, weil sich die Abstandsregeln nicht konsequent einhalten lassen. Regelmäßige, vorbeugende Tests hält Nrw-familienminister Joachim Stamp (FDP) jedoch nicht für realistisch. Allein für das Kita-personal wären bei zwei Tests pro Woche 220.000 erforderlich, rechnete Stamp vor. Bundesweit gebe es aber nur Testkapazitäten für eine Million Menschen pro Woche: „Den Erstzugriff darauf haben die Gesundheitsberufe.“
Der Minister kündigte im Familienausschuss des Landtages an, in Kürze neue Empfehlungen zum Personaleinsatz in den Kitas vorzulegen. Das Robert Koch-institut (RKI) empfehle inzwischen nicht mehr, alle Mitarbeiter ab 60 Jahren während der Pandemie grundsätzlich außen vor zu lassen. Ein möglicher Einsatz von Risikogruppen werde in den nächsten Tagen besprochen. „Ich hatte meiner Schwiegermutter letzte Woche zum 70. gesagt, dass sie im Zweifelsfall fitter ist als ihr Schwiegersohn“, so Stamp. Das gelte sicher auch für viele ältere Erzieher. Die Landesregierung versuche gleichzeitig, Teilzeitkräfte in den Kitas aufzustocken, sagte Stamp.
Einzelne Städte kündigten bereits an, dass Risikogruppen in den Kitas eingesetzt werden müssen, weil sonst das Personal nicht reicht. Als Risikogruppe gelten Über-60-jährige und Vorerkrankte.
Für die Schulen hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) eine Dienstanweisung erlassen, derzufolge Lehrer aus Risikogruppen zum Einsatz bei mündlichen Prüfungen nun verpflichtet sind. „Das hat zu Irritationen geführt“, sagte Andreas Bartsch, Präsident des nordrhein-westfälischen Lehrerverbandes,
unserer Redaktion. Viele Lehrer verstünden nicht, dass dies jetzt im Wege einer Dienstverpflichtung geregelt werde. „Wer seine Schüler in den Prüfungen begleiten wollte und einer Risikogruppe angehört, konnte das auch bisher tun – auf freiwilliger Basis“, so Bartsch. Er könne aber auch jene verstehen, die zur Risikogruppe zählten und Angst hätten. Ihnen rate er, sich ein ärztliches Attest geben zu lassen.
SPD und Grüne kritisierten am Donnerstag den Fahrplan der Schulund Kita-öffnungen scharf: „Für alles gibt es eine Perspektive, nur für Kinder gibt es keine Perspektive“, sagte die familienpolitische Sprecherin der Grünen-fraktion, Josefine Paul. Für Baumärkte, Restaurants oder Geschäfte sei Klarheit geschaffen worden. Bei Kitas werde hingegen argumentiert, weitere Zusagen seien wegen der ungewissen Infektionsentwicklung nicht möglich.
Die SPD wirft der Landesregierung eine chaotische Lockerungspolitik auf Kosten von Eltern und Kindern vor. Die Landesregierung setze bei den Öffnungen falsche
Prioritäten und agiere unkoordiniert, kritisierte Spd-fraktionschef Thomas Kutschaty: „Erst der Termin, dann das Konzept – das ist die völlig falsche Reihenfolge.“Es fehle ein klarer Plan für Schulen und Kitas, wie bis zu den Sommerferien und auch danach wirklich alle Kinder wieder regelmäßig beschult oder betreut werden könnten.
Familienminister Stamp machte den Eltern Hoffnung, dass es mit der Öffnung der Kitas doch schneller gehen könnte als bisher in Aussicht gestellt. Er gehe davon aus, dass es zu mehr als nur zwei Betreuungstagen im Juni für jedes Kind komme: „Wir streben jetzt einen ganz anderen Umfang an.“Die Gespräche mit den Kita-trägern seien aber noch nicht abgeschlossen. „Vielleicht sind wir nächste Woche schon sprechfähig.“Die zwei Abschiedstage im Juni hätten nur ein Szenario für den schlechtesten Fall beschrieben. Neue Erkenntnisse zur Virenlast bei Kindern erwartet Stamp in Kürze von einer Studie aus Heidelberg. Sollte sich daraus ergeben, dass Kinder weniger ansteckend seien, könne dies das Öffnungstempo der Kitas beeinflussen.
Die Opposition überzeugten die Ausführungen des Ministers nicht: „Die große Mehrheit der Eltern und Kinder in NRW wird weiter im Ungewissen gelassen“, resümierte der Spd-abgeordnete Dennis Maelzer.