Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wie Sporttreiben wieder möglich ist
Nicht jeder Sportverein sieht sich schon in der Lage, seinen Mitgliedern ein Bewegungsangebot zu unterbreiten. Wir zeigen an vier Beispielen, wie Sporttreiben auch in Corona-zeiten möglich gemacht werden kann.
RHEIN-KREIS Gemeinsam könnten sie eine Kleinstadt bevölkern: Die drei größten Sportvereine im Rhein-kreis – TG Neuss, SG Kaarst, TSV Bayer Dormagen – bringen es zusammen auf mehr als 15.000 Mitglieder. Doch nicht alle von ihnen sind nach den Lockerungen der Corona-schutzbestimmungen in dieser Woche schon wieder ins Training eingestiegen.
„Das wäre auch gar nicht möglich,“sagt Rainer Lisson, Vorstand Sport und Kommunikation beim TSV Bayer Dormagen. Obwohl der „Werksklub“am Höhenberg über ein großzügig bemessenes, vereinseigenes Sportgelände verfügt, „kann sich dort immer nur eine begrenzte Anzahl von Personen aufhalten, sonst funktioniert das mit den Abstandsregeln nicht,“sagt Lisson. Deshalb haben er und seine Kollegen in der nur „not-besetzten“Geschäftsstelle ein Konzept für Räume und Wege im Bayer-sportpark erarbeitet (siehe nebenstehende Skizze). Fünf Flächen stehen zur Verfügung, „jeder Trainer reserviert für seine Gruppe eine Trainingszeit für eine dieser Flächen, die von uns je nach Gruppengröße und Trainingsinhalt zugeteilt werden,“erläutert Lisson das Konzept.
Zur Zeit nutzt vor allem die Breitensportabteilung das Angebot, aber auch Leichtathleten und Fechter, die ihr Athletiktraining unter freiem Himmel absolvieren. Und das, je nach vorhandenem Platz, mit 20 bis 30 Sportlern je Gruppe, die sich alle mit Namen und Telefonnummer in eine Liste eintragen müssen, „um eine mögliche Infektionskette nachverfolgen zu können,“sagt Lisson. Bisher, da ist er sich mit Frank Neuenhausen einig, „läuft alles sehr diszipliniert ab. Wir können uns bei allen Sportlern, vor allem aber bei unseren Trainern nur bedanken, dass sie so viel Verständnis, Engagement und vor allem Eigenverantwortung zeigen,“sagt der Geschäftsführer. „Alle nehmen viel Rücksicht auf ihre Mit-ttrainierenden,“hat Lisson aus eigener Anschauung und Gesprächen mit den Übungsleitern erfahren. Geöffnet ist die Sportanlage täglich von 9 bis 20 Uhr. Das große Tor bleibt allerdings geschlossen, Ein- und Ausgang sind voneinander getrennt worden.
So weit wie der TSV Bayer Dormagen ist die SG Kaarst noch nicht. „Wir haben erst einmal am Dienstag unser Fitnessstudio geöffnet,“sagt Vorsitzender Andreas Warnt. Das Angebot sei zu Beginn „sehr verhalten angenommen“worden, „es war aber auch nicht zu erwarten, dass alle 1300 Mitglieder der Abteilung direkt auf der Matte stehen“würden. Inzwischen sei der Besuch reger geworden, der aber ohnehin nur nach vorheriger Reservierung und in begrenzter Zahl möglich ist. Schließlich, findet Warnt, sei keinem damit gedient, „wenn wir die von der Quadratmeterzahl her zulässige maximale Anzahl von Leuten gemeinsam trainieren lassen.“Mindestabstände alleine wären nicht ausreichend, „man muss da schon mit Augenmaß und gesundem Menschenverstand herangehen.“
Diese Tugenden will er auch einsetzen, wenn ab Montag die städtischen Turnhallen wieder dem Vereinssport zur Verfügung stehen. „Wir haben ein Konzept entwickelt, um den Hygienevorschriften und anderen Auflagen zu entsprechen,“sagt der Sg-vorsitzende – der Verein habe sich gleich nach Ausbruch der Pandemie um ausreichend Desinfektionsmittel und „dank eines Sponsors“auch um Atemschutzmasken bemüht. Gleichwohl seien zunächst nicht mehr als 25 Aktive pro Trainingsgruppe zugelassen.
Zahlen, die Klaus Ehren neidisch machen. Denn in Neuss sind – Stand Donnerstagnachmittag – die städtischen Turnhallen weiterhin für den organisierten Sport geschlossen. Erfahren hat der Geschäftsführer der Turngemeinde das nur, weil die Stadt diesen Zustand den Schulen schriftlich mitgeteilt habe, „den Vereinen aber nicht,“sagt Ehren. Der aber wenigstens die in der Obhut des Vereins befindliche Halle an der Schorlemerstraße ins sportliche Angebot einplanen kann. Doch der auf zehn Personen pro Gruppe beschränkte Indoor-sport werde nur zögerlich angenommen, „wahrscheinlich sind vielen Leuten die Auflagen zu hoch,“mutmaßt der Tg-geschäftsführer.
„Draußen“sieht das anders aus: Die ersten vier Tage auf der Freifläche hinter der Geschäftsstelle seien nach zögerlichem Beginn gut angelaufen, so gut, dass er den von „Rehasport mit Gaby“bis zu „Wettkampfsport Karate“reichenden Trainingsplan gleich für die kommende Woche unverändert fortgeschrieben hat.
Dass auch kleinere Vereine ein Angebot unterbreiten können, obwohl Hallen und Sportanlagen (in Neuss) noch geschlossen sind, beweist der Neusser Schlittschuh-klub. Weil das Eis in der Südparkhalle abgetaut ist und Trainingszeiten anderswo zu teuer sind, treffen sich die Schützlinge der Trainerinnen Lea Schwinum, Vanessa Schöche und Ilka Voges seit Dienstag auf der Freifläche neben der Eishalle: „Vier zertifizierte Nsk-trainer machen dort nun mit über 80 Sportlern im Stundenrhythmus ein Fitness-training,“berichtet Vorsitzender Ulrich Giesen. Zum Programm gehören Stretching auf den benachbarten Grünflächen, Konditionstraining, Zumba oder „einfach Joggen um den Reuschenberger See.“Am Ende sagt Giesen das, was alle sagen in diesen Tagen: „Natürlich unter Einhaltung der Abstandsund Hygieneregeln.“