Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kostenexplosion beim Lernort Horrem
Laut Stadt steigen die Umbau- und Sanierungskosten von 12,7 auf fast 21 Millionen Euro. Sie spricht sich für einen Neubau aus. Auch bei der Sekundarschule werden weitere Kostensteigerungen und Verzögerungen erwartet.
DORMAGEN Ist das der Höhepunkt der Bau-krise von Dormagen? Am Donnerstag ging Bürgermeister Erik Lierenfeld mit einer umfangreichen Pressemitteilung an die Öffentlichkeit, die einen dramatischen Einblick in die aktuelle Situation des Um- und Neubauvorhabens Sekundarschule und des Prestigeprojektes Lernort Horrem gibt. Seine Kernbotschaft: Es dauert alles länger und wird teurer. Beispiel eins – Sekundarschule: „Weitere Kostensteigerungen und Verzögerungen sind künftig nicht auszuschließen, sondern zu erwarten.“Beispiel zwei – Lernort: „Anhand der aktuellen Feststellungen müssen wir mit einem Kostenvolumen von rund 21 Millionen Euro ausgehen.“Die Stadt spricht sich dort jetzt für einen Neubau aus.
Die schlechten Nachrichten hätten die beiden verantwortlichen und in die Kritik geratenen Projektsteuerer Norbert Brauer (Dormagen) und Andreas Bischoff (Köln) in der Sitzung des Hauptausschusses überbringen sollen. Die wurde jedoch vorher abgebrochen und wird am Montag fortgesetzt. Dass, was im Vorfeld bereits an Pleiten und Pannen bekannt geworden ist, einschließlich eines offenbar sehr schwierigen Verhältnisses zwischen dem Duo und dem für Bauen zuständigen Eigenbetrieb, lässt sich jetzt auch an aktuellen Zahlen ablesen. Bislang kaum im Rampenlicht standen die eklatanten Versäumnisse rund um den auch mit Landesmittel geförderten Lernort Horrem, wo ein Haus des Lernens und der Begegnung mit Christoph-rensing-grundschule und einer Kita entstehen soll. Wie eine Sonderprüfung von Rechnungsprüfungsamt des Rhein-kreises Neuss und des städtischen Rechtsamtes ergeben haben, wurde diesem Projekt zeitweise überhaupt keine Beachtung geschenkt. Von ursprünglich 12,7 Millionen sind die Kosten auf fast 21 Millionen Euro gestiegen. Ein neues Gutachten zur Bausubstanz hat erschreckende Mängel zu
Tage gefördert. Die Projeksteuerer bezeichnen dieses in ihrer Darlegung als „nicht berücksichtigte Risiken“, womit die Dachkonstruktion, ein nicht mehr den Anforderungen entsprechendes Raumprogramm für die OGS und Bauwerksabdichtungen gemeint sind.
Jetzt hat offenbar auch die Stadt genug und will einen Neubau. Bürgermeister Lierenfeld: „Wir werden nicht den selben Fehler wiederholen und im Bestand sanieren, wenn
Erik Lierenfeld Bürgermeister die Kostenrisiken zu groß sind, auch wenn dann die bisherigen Planungen obsolet wären.“
Erwartet schlecht steht es auch um die Sekundarschule. Nach Angaben der Projeksteuerer liegen die Gesamtkosten (Stand 2019!) bei 16 Millionen Euro – 650.000 Euro höher als bei der letzten Kostenangabe im November. Zur Erinnerung: Nach von der Schule gewünschten und von der Politik genehmigten höheren Anforderungen kletterten die Kosten um drei Millionen auf 8,15 Millionen Euro. Das war im Juni 2018. Keine zwei Jahre später liegen die Kosten fast doppelt so hoch.
„Es gab bei diesem Projekt von Beginn an eklatante Fehler, da gibt es nichts zu beschönigen“, sagt Lierenfeld. Nach dem Weggang der Beigeordneten Tanja Gaspers im April hat Lierenfeld auch formal die Verantwortung für den Eigenbetrieb übernommen, mit dem Anspruch, „dass diese Fehler aufgearbeitet werden – und sich in Zukunft nicht wiederholen.“Künftig soll ein „Monitorer“eingesetzt werden, der dieses Projekt überwacht.
Berichte über eine bevorstehende Absetzung des Projektsteuerers wies Lierenfeld zurück: „Das ist keine Option. Wir müssen jetzt gemeinsam den Karren aus dem Dreck ziehen.“Die Veröffentlichung sämtlicher Prüfberichte zu dem Themenkomplex werde derzeit mit den Betroffenen abgestimmt und vom Rechtsamt vorbereitet – nachdem sie seit Monaten vorliegen und unter Verschluss gehalten werden. „Eine Legendenbildung hilft niemanden, deshalb werden wir sehr transparent sein, wenn es darum geht, Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten. Wir haben daraus Konsequenzen gezogen.“
„Wir werden nicht denselben Fehler wiederholen“