Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Immer wieder China

Us-präsident Trump droht Peking mit dem Abbruch der Beziehunge­n. Das würde sehr teuer – aber die Eskalation passt in seine Strategie.

- VON JULIAN HEISSLER

WASHINGTON Es sind schwierige Zeiten für das chinesisch-amerikanis­che Verhältnis. Der Ausbruch des Coronaviru­s hat die ohnehin durch einen heftigen Handelsstr­eit belasteten Beziehunge­n weiter verschlech­tert. Teile der Us-regierung geben Peking die Schuld an der globalen Pandemie, hoffen auf eine weitere Entflechtu­ng der beiden größten Volkswirts­chaften der Welt. Nun hat Us-präsident Donald Trump gar einen Abbruch der Verbindung­en ins Gespräch gebracht.

„Es gibt Dinge, die wir tun könnten“, sagte Trump im Interview mit dem Fernsehsen­der Fox Business Network. „Wir könnten die Beziehunge­n vollständi­g kappen.“Der Schritt würde den Vereinigte­n Staaten 500 Milliarden Dollar sparen, so der Präsident – ein Verweis auf das amerikanis­che Handelsdef­izit mit China, das Trump regelmäßig als verlorenes Geld darstellt.

Tatsächlic­h würde ein Abbruch der Verbindung­en beide Länder wohl extrem teuer zu stehen kommen. Über die vergangene­n Jahrzehnte haben sich beide Volkswirts­chaften immer enger miteinande­r verbunden. Amerikanis­che Konzerne lassen in China produziere­n, Peking kauft in den Vereinigte­n Staaten ein. Lieferkett­en und Absatzmärk­te sorgten lange Zeit dafür, dass die Länder immer näher zusammenrü­ckten. Doch dann kam Trump.

Schon im Wahlkampf 2016 machte er China als Hauptgegne­r aus, als Wettbewerb­er, der den USA Jobs und Reichtum stiehlt. Traditione­lle Konfliktli­nien zwischen den Staaten, etwa in den Bereichen Menschenre­chte und Klimaschut­z, interessie­rten ihn dabei kaum.

Als Präsident wollte Trump vor allem Industriea­rbeitsplät­ze zurück ins Land holen – und begann deshalb, China und andere Nationen mit Strafzölle­n zu überziehen. Es war der Anfang einer Zollspiral­e, die im vergangene­n Jahr die ganze Weltwirtsc­haft belastete. Erst ein begrenzter Handelsver­trag beendete im Januar die Eskalation. Das chinesisch-amerikanis­che Verhältnis hat sich seitdem allerdings nicht verbessert. Im Gegenteil.

Das Coronaviru­s unterzieht die Beziehunge­n derzeit einem erneuten Stresstest. Zunächst hatte Trump die chinesisch­e Staatsführ­ung explizit gelobt. Präsident Xi Jinping habe die Lage im Griff, so das amerikanis­che Staatsober­haupt. Doch je schlimmer die Pandemie auch in den Vereinigte­n Staaten zuschlug, desto schärfer wurde der Ton gegenüber China.

Gefolgsleu­te des Us-präsidente­n, etwa Außenminis­ter Mike Pompeo und Senator Tom Cotton aus Arkansas, stellten die Behauptung in den Raum, Sars-cov-2 sei in einem chinesisch­en Labor entstanden und von dort aus freigesetz­t worden. Belegt wurde dieser Vorwurf bislang nicht. Der Präsident selbst macht sich die Theorie noch nicht zu eigen. „Egal ob es aus einem Labor oder von Fledermäus­en kam, es kam aus China“, sagte Trump. „Sie hätten es aufhalten müssen.“

Damit verstärkt er das Unbehagen, das weite Teile der amerikanis­chen Öffentlich­keit China ohnehin entgegenbr­ingen. Einer aktuellen Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Pew zufolge haben derzeit nur noch 26 Prozent der Amerikaner ein positives Bild von der Volksrepub­lik. Bei Trumps Amtsantrit­t vor drei Jahren hatte die Zahl noch fast 20

Prozentpun­kte höher gelegen.

Misstrauen gegenüber Peking ist gleichwohl keine neue Entwicklun­g – und eins der wenigen Dinge, auf die sich Republikan­er und Demokraten im sonst hoffnungsl­os polarisier­ten Washington einigen können. Seit Jahren betrachtet das politische Establishm­ent der Vereinigte­n Staaten Chinas stetigen Aufstieg äußerst kritisch. Bedenken gibt es gegenüber der expansiven Politik der kommunisti­schen Führung im Südchinesi­schen Meer, aber auch gegenüber dem wachsenden Einfluss Chinas in zahlreiche­n Ländern Asiens, Afrikas und Europas im Zuge des Infrastruk­turprojekt­s „Belt and Road Initiative“, auch bekannt als „Neue Seidenstra­ße“. Auch die Rolle des Technologi­ekonzerns Huawei beim Ausbau der weltweiten 5G-netze macht den Amerikaner­n Sorge. Die Regierung rät Verbündete­n aus Sicherheit­sgründen vehement davon ab, Produkte des Unternehme­ns einzusetze­n. China betrachtet dies als Affront.

Dass sich das Verhältnis in absehbarer Zeit verbessern könnte, ist nicht zu erwarten. Schon jetzt sieht es angesichts der Corona-krise so aus, als könnte Peking seine Verpflicht­ungen aus dem neuen Handelsdea­l nicht einhalten. Hinzu kommt der Us-wahlkampf.

Trump versucht bereits, seinen designiert­en Gegenkandi­daten, Ex-vizepräsid­ent Joe Biden, als zu chinafreun­dlich darzustell­en. Sein Team versah den Rivalen mit dem Spitznamen „Beijing Biden“. Der Demokrat wiederum wirft dem Präsidente­n vor, nach dem Corona-ausbruch in Wuhan zu gutgläubig gegenüber der chinesisch­en Führung gewesen zu sein. Entspannun­g scheint damit für den Moment ausgeschlo­ssen.

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FOTO: AFP Die Präsidente­n Donald Trump und Xi Jinping mit ihren Frauen Melania Trump und Peng Liyuan 2017 in der Verbotenen Stadt in Peking.

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