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Russland weist Hacker-vorwürfe zurück

Attackiert­e Moskaus Geheimdien­st den Bundestag? Die Kanzlerin sprach von „Evidenzen“. Das löst Ärger aus.

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MOSKAU (dpa) Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow hat die von Deutschlan­d erhobenen Vorwürfe im Zusammenha­ng mit dem Hackerangr­iff auf den Bundestag 2015 als haltlos zurückgewi­esen. „Das ist ein ganz frisches Beispiel aus der Kategorie ,highly likely’“, sagte Lawrow der russischen Wirtschaft­szeitung „RBK“. „Fünf Jahre sind vergangen. Nicht einen einzigen konkreten Beweis hat man geliefert.“„Highly likely“bedeutet „hochwahrsc­heinlich“.

Die bisher größte Cyber-attacke auf den Bundestag war im Mai 2015 bekannt geworden. Rechner in zahlreiche­n Abgeordnet­enbüros waren mit Spionageso­ftware infiziert worden, darunter auch Computer im Bundestags­büro von Bundeskanz­lerin Angela Merkel. Der Angriff führte dazu, dass das It-system des Parlaments anschließe­nd generalübe­rholt werden musste.

Merkel hatte am Mittwoch im Bundestag betont, dass es Ermittlung­sergebniss­e des Generalbun­desanwalts gebe, und dabei von „harten Evidenzen“für eine russische Beteiligun­g gesprochen. Merkel sprach von einer „hybriden Kriegsführ­ung“Russlands, die auch „Desorienti­erung“und „Faktenverd­rehung“beinhalte. Auf die Frage nach möglichen Konsequenz­en für Russland sagte Merkel: „Natürlich

behalten wir uns immer Maßnahmen vor, auch gegen Russland.“

Lawrow verglich das Vorgehen mit den Veröffentl­ichungen des Whistleblo­wers Edward Snowden 2013. Damals wurde bekannt, dass der Us-geheimdien­st auch in Deutschlan­d die Bundeskanz­lerin abhörte. Damals habe es aber keine größeren Konsequenz­en gegeben, sagte der russische Minister: „Auch bei Russland gibt es keine Tatsachen, aber es gibt immer leicht Beweise.“

Nach übereinsti­mmenden Berichten mehrerer Medien aus der vergangene­n Woche machen die Karlsruher Ermittler nun den russischen Militärgeh­eimdienst GRU verantwort­lich. Die Bundesanwa­ltschaft hat demnach einen internatio­nalen Haftbefehl gegen einen jungen russischen Hacker erwirkt – nach jahrelange­n Ermittlung­en des Bundeskrim­inalamts.

Der „Spiegel“berichtete, dass die Hacker auch in großem Stil E-mails aus Merkels Büro erbeutet hätten. Ziel seien zwei Postfächer ihres Abgeordnet­enbüros gewesen, die Korrespond­enz der Jahre 2012 bis 2015 enthalten hätten. Offenbar sei es den Hackern gelungen, beide Postfächer komplett auf einen anderen Rechner zu kopieren. In welchem Umfang die E-mails in den Besitz des GRU gelangten, sei noch unklar.

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