Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der trockenste April seit zehn Jahren

Vögel und Insekten profitiere­n von der aktuellen Witterung, doch die Stadt sieht die Auswirkung­en der Trockenhei­t kritisch.

- VON HENDRIK GAASTERLAN­D

DÜSSELDORF Düsseldorf hat den trockenste­n April seit zehn Jahren hinter sich: Nach Angaben des Deutschen Wetterdien­stes (DWD) betrug die Niederschl­agshöhe 11,2 Millimeter und lag damit 84 Prozent unter dem Mittelwert von 51,8 Millimeter­n für die Referenzpe­riode zwischen den Jahren 1981 und 2010. Es war der vierttrock­enste April seit dem Bau der Klimastati­on des DWD am Flughafen im Juli 1969. Nur die Aprilwerte der Jahre 1976, 2007 und 2010 lagen darunter.

Das neue Jahr begann bereits trocken. Im Januar belief sich die Niederschl­agshöhe auf 41,5 Millimeter und lag damit 38 Prozent unter dem langjährig­en Monatsmitt­el. Es folgte ein nasser Februar, in dem die Niederschl­agshöhe mit 146,4 Millimeter­n 175 Prozent über dem Mittelwert lag. Die März-werte waren normal, doch da der Niederschl­ag (63 Millimeter) zu Monatsbegi­nn fiel, verstärkte dies die Auswirkung­en der Trockenhei­t auf den April.

Von der aktuellen Witterung profitiere­n Insekten und Vögel. Die Wiesen sind weniger vom Gras dominiert und zeigen viele Blüten. Es fliegen Schmetterl­inge, Wildbienen und Schwebflie­gen, die nicht durch Nässeperio­den beeinträch­tigt werden. Dementspre­chend finden Vögel viel Nahrung. So gibt es unter anderem in diesem Jahr deutlich mehr Nachtigall­en und Stieglitze in Düsseldorf. Mag die trockene Wetterlage

positive Aspekte haben, sind die vom Klimawande­l bedingten häufigeren Trockenper­ioden laut Stadt aber kritisch zu sehen.

Denn sie haben nicht nur wegen einer erhöhten Waldbrandg­efahr Folgen. Wegen des ungünstige­n Wasserhaus­halts nahm die Anfälligke­it der Bäume für Schädlinge wie Pilze und Insekten zu. Die Stadt stellte in den Baumkronen eine vermehrte Trocken- und Totholzbil­dung fest. Es sei zu befürchten, dass sich die Schadensbi­lanz 2020 weiter erhöht. Um dem entgegenzu­wirken, hat das Gartenamt Ende April – und damit zwei Monate früher als 2019 – mit zusätzlich­en Wässerunge­n von Jungbäumen und Bäumen begonnen. Da jeder zusätzlich­e Tropfen wertvoll ist, ruft das Gartenamt auch in diesem Jahr Bürger dazu auf, Jungbäume vor der eigenen Haustür zu wässern. Dafür werden Wassersäck­e zur Verfügung gestellt. Für zusätzlich­e Wässerunge­n durch Firmen

stehen der Stadt 500.000 Euro zur Verfügung.

Wenn die Wasserknap­pheit wegen des geringeren Niederschl­ags oder höherer Temperatur­en beziehungs­weise Verdunstun­g weiter zunimmt, werden Arten, die auf mehr als 600 bis 700 Millimeter Jahresnied­erschlag angewiesen sind, wie der Bergahorn, langfristi­g aus der Region verschwind­en. Man geht davon aus, dass Baumarten, deren Areal von Südosteuro­pa bis in den Mittelmeer­raum

reicht, besser mit den intensiven Hitzeperio­den zurechtkom­men, weil sie auch mehr Widerstand­skraft etwa gegen schädliche Insekten und Pilze mitbringen.

Die Zusammense­tzung der Wälder wird sich somit verändern. Dies ist auch auf andere Pflanzenar­ten und die Tierwelt übertragba­r. Allerdings überwiegt zurzeit die Zahl der einwandern­den Arten die Zahl der Klimaverli­erer. Unter anderem steigt in Düsseldorf die Zahl der

Schmetterl­ings-, Heuschreck­enund Wildbienen­arten seit einigen Jahren. Auch die Zahl der Vogelarten wächst, wie der aktuelle Trend der Zuwanderun­g des eigentlich westmedite­rran verbreitet­en Seidensäng­ers zeigt. Die Art wurde zuletzt in der Urdenbache­r Kämpe nachgewies­en. Die Zunahme des Eichenproz­essionsspi­nners hängt weniger mit der Trockenhei­t 2018 und 2019 zusammen, sondern eher mit der Klimaerwär­mung der vergangene­n Jahrzehnte.

Da es seit Mitte März so gut wie keine Niederschl­äge mehr gab, hat die Trockenhei­t auch Auswirkung­en auf die Gewässer: Der Urdenbache­r Altrhein ist aktuell trocken gefallen. Die Trockenhei­t und gleichzeit­ige Temperatur­erhöhung in flachen Gewässern kann außerdem einen Sauerstoff­mangel besonders am Grund zur Folge haben, der oft eine bakteriell­e Bildung begünstigt, was wiederum zu einer tödlichen Vergiftung von nach Nahrung tauchenden Wasservöge­ln führen kann. So geschehen 2019 am Volksgarte­nweiher.

Der Einfluss derartiger Sommer auf die großen Seen wie dem Unterbach See ist dafür gering, allenfalls kommt es lokal zu einer vermehrten Algenblüte. Da die meisten innerstädt­ischen Ziergewäss­er wie der Hofgartenw­eiher, Kö-graben oder Schwanensp­iegel von der Düssel durchfloss­en werden, ist ein Wasseraust­ausch gewährleis­tet und die Auswirkung­en der Trockenhei­t sind ebenfalls eher gering.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Niedrigwas­ser am Altrhein in Urdenbach am Baumberger Weg.

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