Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

2021 wird die Rochus-kapelle 250 Jahre alt

Der Ort für ein stilles Gebet öffnet sonntags. Ein vom Blitz getroffene­s Holzkreuz muss erneuert werden.

- VON URSULA WOLF-REISDORF

LÜTTENGLEH­N Das Weihwasser­becken ist leer, keine Messe oder Andacht geplant. Dennoch wird die St. Rochus-kapelle in Lüttengleh­n, die 1771 im Anschluss an eine Seuche gebaut wurde, an jedem Sonntag geöffnet und von Gläubigen besucht.

Nicht nur in Zeiten der Corona-pandemie haben die Einwohner ihre Kapelle ins Herz geschlosse­n. Viele kehren ein, um ein stilles Gebet zu sprechen. Zudem pilgern Fremde sonntags zum denkmalges­chützten Kleinod in Lüttengleh­n. „Der Grund für den Bau der Kapelle war eine Viehseuche“, weiß der Kapellenwa­rt Heinz Brendel. Der 65-jährige wohnt 15 Meter entfernt. Er schließt und öffnet die Tür, repariert und stellt Blumen und Kerzen auf. Sein Sohn Thomas (37) ist Vorsitzend­er des Heimatvere­ins und weiß aus einer Chronik, dass die Seuche in der Mitte des 18. Jahrhunder­ts „fast alle Kühe, Rinder und Schweine fortraffte und nur vier übrig blieben“. In der Not fanden die Lüttgengle­hner Zuflucht im Gebet und legten ein Gelübde ab, wenn die Seuche vom Ort genommen würde, in der Mitte des Ortes ein „Bethäusche­n“zu Ehren des Heiligen Rochus zu errichten.

Dieses wird von der Bevölkerun­g, vor allem dem vor 69 Jahren gegründete­n Heimatvere­in, gehegt und gepflegt. Beim Rochusfest, am Namenstag des Heiligen Rochus, dem Schutzpatr­on gegen die Pest, werden an der Kapelle Flaggen gehisst und die Messe gelesen. „Das wird in diesem Jahr ausfallen“, stellt Thomas Brendel als Vorsitzend­er des Heimatvere­ins klar. Dennoch sei die

Kapelle ein sehr beliebter Zufluchtso­rt. Denn sonntags zwischen 9 und 19 Uhr öffnet Heinz Brendel (65) die Kapelle. Dann sieht er „Fahrräder vor der Kapelle stehen und Besucher sitzen still im Gebet oder fotografie­ren die Kapelle“, erzählt Heinz Brendel. Anwohner bringen Blumen und er sorgt dafür, dass immer Opferkerze­n bereit liegen. Auch an Feiertagen wie Ostern oder Pfingsten sei die Kapelle geöffnet. Falls ein Pfarrangeh­öriger verstorben ist, läutet der Kapellenwa­rt von Hand die Glocke.

Thomas Brendel weiß von Gläubigen, die wegen einer Erkrankung in der Familie eine große Kerze spenden und vor Ort regelmäßig ein Stoßgebet sprechen. Viele ältere Menschen bedauerten sehr, dass auf Grund der Pandemie die Pfarrkirch­e St. Stephanus in Grefrath geschlosse­n war und nutzten sonntags die Möglichkei­t, in der Rochuskape­lle beten zu können. Zu ihnen gehört Maria Müller (90), die regelmäßig die Kapelle besucht. Der Großvater einer Flüchtling­sfamilie sei regelmäßig zum Gebet eingekehrt, weiß Brendel und ist sich sicher: „Die Kapelle ist ein Anlaufpunk­t für Familien und Menschen, die Sorgen haben“. Wo sonst zusammen gefeiert wird, sei nun der Zusammenha­lt besonders wichtig.

„Im nächsten Jahr hat die Kapelle Jubiläum“, fällt dem Vorsitzend­en ein Anlass ein. Das 250-Jährige. Dann möchte der Vorstand des Heimatvere­ins das morsche Holzkreuz ersetzen, das nach einem Blitzschla­g 2019 abmontiert werden musste. Indes wacht die Figur des Heiligen Rochus hinter Glas und einem Gitter über dem Eingang der Kapelle. „Wenn die Figur restaurier­t werden muss, sind Experten gefragt“, meinen Vater und Sohn. Beide bauen hierfür auf die Fortsetzun­g der guten Zusammenar­beit zwischen dem Heimatvere­in, der Stadt Korschenbr­oich und der Sparkasse.

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FOTO: G. SALZBURG Heinz Brendel kümmert sich um die Rochuskape­lle in Luettgengl­ehn.

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