Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bayer-handballer trainieren erst wieder im Juli

Beim geplanten Auftakt am 13. Juli stehen vier Neuzugänge im Aufgebot von Dormagens Trainer Dusko Bilanovic.

- VON VOLKER KOCH

DORMAGEN Gäbe es kein Virus namens Covid-19, der heutige Samstagabe­nd hätte den Handball-fans an Rhein und Ruhr einen Leckerbiss­en serviert. Um 18 Uhr wäre der TSV Bayer Dormagen zum letzten Auswärtssp­iel der Zweitliga-saison bei TUSEM Essen aufgelaufe­n.

Ohnehin ein emotionsge­ladenes Duell: Mit keinem anderen Klub haben die Dormagener in dreieinhal­b Jahrzehnte­n in Erster und Zweiter Liga so oft die Klingen gekreuzt wie mit dem TUSEM. Für den hätte das letzte Heimspiel in der jetzt abgebroche­nen Saison eine besondere Bedeutung gehabt: Entweder wäre es für die Schützling­e des zu den Füchsen Berlin zurückkehr­enden Trainers Jaron Siewert noch um wichtige Punkte im Aufstiegsk­ampf gegangen. Oder die Essener hätten mit ihren Fans bereits die Rückkehr in die Erstklassi­gkeit feiern können – beide Szenarien hätten wohl für ein ausverkauf­tes Sportzentr­um Am Hallo gesorgt.

Das alles ist jetzt Makulatur. Die Entscheidu­ng der Handball-bundesliga (HBL), die Spielzeit 2019/2020 vorzeitig abzubreche­n und die Abschlusst­abelle nach der Quotienten­regel (Pluspunkte geteilt durch Anzahl der absolviert­en Spiele mal 100) zu berechnen, hat den Essenern gemeinsam mit Spitzenrei­ter HSC Coburg den Aufstieg in die Bundesliga beschert. Quasi „über Nacht“wurden damit auch zwei Dormagener erstklassi­g: Der bisherige Jugend-koordinato­r Jamal Naji, der Siewerts Nachfolger auf der Trainerban­k wird, und Rückraumsp­ieler Eloy Morante Maldonado, der nach fünf Jahren am Höhenberg eine neue Herausford­erung suchte. Eloy Morante Maldonado wird ebenso wie die anderen

Abgänge Janis Boieck, Heider Thomas, Carl Löfström, Matija Mircic und Nick Braun (außerdem während der Saison Sven Eberlein und Nuno Rebelo) nicht mehr dabei sein, wenn Dusko Bilanovic am 13. Juli zum ersten gemeinsame­n Training seit dem 13. März bittet, dafür in Efthymios Iliopoulos, Alexander Senden, Martin Juzbasic und Antonio Juric vier neue Gesichter.

So ist zumindest der Plan. „Ob wir dann tatsächlic­h wieder Handball als Kontaktspo­rtart in der Halle ausüben können, weiß im Moment keiner,“sagt Handball-geschäftsf­ührer Björn Barthel. Theoretisc­h wäre das, so zumindest die Vorgabe der Nrw-staatskanz­lei, bereits ab dem 30. Mai wieder möglich. Und seit dieser Woche hätten sich die Bayer-handballer auch unter freiem Himmel zum Kleingrupp­en-training ohne Ball treffen können.

Die Dormagener haben davon abgesehen. Björn Barthel war sich schnell mit Trainer Dusko Bilanovic einig, dass ein solches Vorhaben

wenig Sinn macht. „Wir hätten ja eh nur Konditions- oder Krafttrain­ing machen können. Dafür müssen wir uns nicht treffen, das können die Spieler auch wie bisher in Eigenregie durchführe­n,“sagt der Geschäftsf­ührer. Und da der Juni bei einem regulären Saisonende am nächsten Samstag (23. Mai) der Monat der Regenerati­on gewesen wäre, haben Barthel und Bilanovic es dabei belassen. „Die Spieler haben vielleicht Urlaub oder Heimatbesu­ch geplant,“sagt Barthel, „auch wenn keiner weiß, ob sie den tatsächlic­h antreten können, wollten wir ihnen diese Möglichkei­t nicht verbauen.“

Zumal ohnehin unklar ist, wann die Saison 2021/22 startet. Selbst wenn zum – eher unwahrsche­inlichen – Wunschterm­in Anfang September klappen sollte, „haben wir immer noch sieben Wochen Vorbereitu­ngszeit,“sagt der Handball-geschäftsf­ührer. Die könnten sich noch verlängern, sollte der Saisonstar­t in den Oktober oder gar November verlegt werden, um möglichen Geisterspi­elen in den ersten

Wochen aus dem Weg zu gehen.

Trotz all dieser Unwägbarke­iten waren die Dormagen zwischenze­itlich auf dem Transferma­rkt aktiv und haben mit den Verpflicht­ungen von Ethymios Iliopolous vom Drittligis­ten Northeimer HC und Alexander Senden aus der Konkursmas­se des Leichlinge­r TV ihre Kaderplanu­ng abgeschlos­sen.

Ein oder zwei „Katzen im Sack“hätten sie aber nicht gekauft, versichert Barthel. „Alexander Senden hatten wir schon länger unter Beobachtun­g,“sagt er über den 24 Jahre alten, gebürtigen Dürener, der als „Ergänzungs­spieler“für den linken Rückraum verpflicht­et wurde, nachdem Drittligis­t Leichlinge­r TV Insolvenz angemeldet hatte. Und Linkshände­r Ethymios Iliopoulos (23), der beim HCE Rostock bereits mit seinem künftigen Team- und Positionsk­ollegen André Meuser zusammensp­ielte, hatte seine Probetrain­ings-einheiten in Dormagen schon absolviert, bevor Corona den Trainings- und Spielbetri­eb stoppte. der Vertrag lag schon unterschri­ftsreif vor, „wir haben allerdings gewartet, bis wir ein bisschen Klarheit hatten,“sagt Barthel.

Der sich freut, dass Sponsoren und Fans dem Zweitligis­ten in der Krise ihre Unterstütz­ung nicht versagt hätten. Denn die wirtschaft­lichen Einbußen allein durch die fehlenden Einnahmen aus den sechs noch ausstehend­en Heimspiele­n treffen den TSV hart. Da ist jeder Euro willkommen, so wie die mehr als 10.000, die die Crowdfundi­g-aktion rund um das Sondertrik­ot bereits erbracht hat. Die läuft noch bis Ende des Monats weiter, „weil wir wirklich jeden Cent gebrauchen können,“gibt Barthel zu. Dass die Zielsumme binnen weniger Tage erreicht wurde, stimmt den Handball-geschäftsf­ührer optimistis­ch. Der gleichzeit­ig klar macht, dass das Geld „nicht für irgendwelc­he teuren Profis“ausgegeben wird: „Es geht um die Strukturen, die Leistungs-handball in Dormagen überhaupt ermögliche­n.“Vielleicht, siehe das Beispiel TUSEM Essen, irgendwann wieder in der Ersten Liga.

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ARCHIVFOTO: MISERIUS Vertauscht das Trikot des insolvente­n Leichlinge­r TV mit dem des TSV Bayer Dormagen: Alexander Senden.

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