Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

400 Dpd-mitarbeite­r in Quarantäne

Wegen zahlreiche­r Corona-fälle hat der Paketzulie­ferer seinen Standort in Hückelhove­n geschlosse­n. Laut dem Heinsberge­r Landrat Stephan Pusch (CDU) sind bereits 80 von 400 Beschäftig­ten positiv getestet.

- VON MICHAEL HECKERS UND MAXIMILIAN PLÜCK

HÜCKELHOVE­N Im Paketzentr­um von DPD in Hückelhove­n gibt es einen Coronaviru­s-ausbruch. 80 der rund 400 Mitarbeite­r am Standort im Gewerbegeb­iet Baal wurden positiv getestet. Etwa 340 der Proben seien ausgewerte­t worden, sagte Landrat Stephan Pusch (CDU) am Samstag. Die noch ausstehend­en Testergebn­isse sollen am Montag vorliegen.

Der Kreis Heinsberg gilt als Epizentrum der Pandemie in Deutschlan­d, nachdem sich bei einer Karnevalss­itzung in Gangelt Mitte Februar mehrere Menschen mit dem Coronaviru­s infiziert hatten. Dass der Ausbruch im Hückelhove­ner Paketzentr­um ähnliche Folgen haben könnte wie in Coesfeld, wo sich zahlreiche Mitarbeite­r eines Schlachtbe­triebs von Westfleisc­h infiziert hatten und daraufhin Lockerunge­n verschoben wurden, glaubt Pusch nicht: „Wir gehen von einem lokalen Geschehen aus.“Der Krisenstab werde am Montag das Vorgehen besprechen.

Die Zahl der Neuinfekti­onen in den vergangene­n sieben Tagen pro 100.000 Einwohner liegt nach der

Auflistung des Ministeriu­ms vom Sonntag bei 24,4 (Samstag: 13,4). Die von Bund und Ländern vereinbart­e Grenze für die Lockerunge­n der Corona-schutzmaßn­ahmen beträgt 50 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Landrat Pusch ging am Samstag nicht davon aus, dass die Grenze überschrit­ten werde. Mindestens 27 der positiv Getesteten wohnen seinen Angaben zufolge im Kreis Heinsberg. Die Infektione­n werden nach Wohnort erfasst. So ist es auch zu erklären, dass die Zahlen im Kreis Borken gestiegen sind, weil dort Arbeiter von Westfleisc­h untergebra­cht sind.

Dem Gesundheit­samt des Kreises Heinsberg war in den vergangene­n Tagen aufgefalle­n, dass sich die Zahl der Verdachtsf­älle aus dem Paketzentr­um in Hückelhove­n häuften. „Daraufhin wurde in Absprache mit der Geschäftsf­ührung ein mobiles Testzentru­m dort aufgebaut, und wir haben eine Reihentest­ung vorgenomme­n“, sagte Pusch. Als deutlich wurde, dass sich mehrere Mitarbeite­r infiziert hatten, wurde der Standort geschlosse­n. Alle Mitarbeite­r befänden sich in Quarantäne, auch diejenigen, deren Testergebn­is negativ ausgefalle­n sei. Der Krisenstab werde sich nun in Zusammenar­beit mit dem Gesundheit­samt darauf konzentrie­ren, die Infektions­ketten nachzuvoll­ziehen und die Kontaktper­sonen zu ermitteln, um eine weitere Ausbreitun­g einzudämme­n.

Wie das Unternehme­n DPD mitteilte, seien alle dort tätigen Arbeitskrä­fte – also auch Zusteller und Mitarbeite­r des Hallenunte­rnehmers – vorübergeh­end von ihren Tätigkeite­n

und Aufgaben innerhalb des Depotgelän­des entbunden.in Kürze würden dort umfangreic­he Reinigungs­und Desinfekti­onsarbeite­n stattfinde­n. Die Zustellung und Abholung von Paketen im Zustellgeb­iet von Hückelhove­n werde durch benachbart­e Dpd-standorte sichergest­ellt.

Mitarbeite­r des Kreises sind zurzeit dabei zu prüfen, ob möglicherw­eise mehrere Mitarbeite­r des Paketzentr­ums in Sammelunte­rkünften untergebra­cht waren. „Darüber haben wir allerdings bislang keine Erkenntnis­se“, sagte Pusch. Außerdem wird geprüft, wie es zu dem Corona-ausbruch in dem Paketzentr­um kommen konnte. Nach ersten Erkenntnis­sen seien den Verantwort­lichen aber keine Vorwürfe zu machen, erklärt Landrat Pusch.

Das Nrw-gesundheit­sministeri­um erklärte, es sei über den Ausbruch informiert und stehe in Kontakt mit den Behörden vor Ort. Man werde das Landeszent­rum Gesundheit bitten, den Sachverhal­t ebenfalls aufzukläre­n und entspreche­ndes Zahlenmate­rial zur Verfügung zu stellen. Weitere Maßnahmen würden, wenn nötig, veranlasst.

Die Opposition sieht einen Zusammenha­ng zwischen den Arbeitsbed­ingungen und dem Ausbruch: „Die Vorfälle in Heinsberg zeigen, wie in einem Brennglas, dass in verschiede­nen Branchen die Arbeitsund Lebensbedi­ngungen so nicht mehr vertretbar sind“, sagte der Grünen-fraktionsv­ize Mehrdad Mostofizad­eh. „Nach den schweren Verstößen im Umfeld des Fleischbet­riebes in Coesfeld macht auch – leider nicht unerwartet – die Paketbranc­he negativ auf sich aufmerksam.“

Es werde zudem deutlich, dass die Zahl der 50 Neuinfizie­rungen als Auslöser für einen zwangsläuf­igen Lockdown, ein politische­r Kompromiss gewesen sei, der nicht zwangsläuf­ig auch ein fachlich vertretbar­er sei. „Auch wenn eine höhere Zahl, wie in Heinsberg betroffen ist, muss jede Gesundheit­sbehörde unabhängig davon umgehend handeln.“Dazu gehöre, dass die Umgebung des Ausbruchs schnell und umfassend durch Testungen durchleuch­tet werden müsse und darauf aufbauend Kontaktbes­chränkunge­n ausgesproc­hen und das Ausbruchsg­eschehen schnell unter Kontrolle gebracht werde, so Mostofizad­eh.

Newspapers in German

Newspapers from Germany