Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Das Zeug zum Geister-meister
Borussia Mönchengladbach gewinnt in Frankfurt auch das zweite Spiel vor leeren Rängen. Das Team von Marco Rose präsentiert sich in einer Form, in der sogar der Titel drin ist. Die Gründe für Gladbachs Stärke.
FRANKFURT Die Borussia aus Mönchengladbach macht da weiter, wo sie vor der Corona-pause aufgehört hat. Beim Restart der Fußball-bundesliga gewann das Team von Trainer Marco Rose nach einer eindrucksvollen Leistung 3:1 bei Eintracht Frankfurt. Es war nach dem 2:1-Erfolg gegen den 1. FC Köln am 11. März bereits der zweite Sieg im zweiten Geisterspiel. Macht Gladbach, das durch den Sieg und das vorherige 1:1-Unentschieden von RB Leipzig gegen den SC Freiburg auf Platz drei geklettert ist, so weiter, dürfte es mit der Qualifikation für die Champions League reichen. Doch es gibt sogar Gründe, warum die Borussen das Zeug zum Geister-meister haben.
Richtige Einstellung Gladbach hat sich bestmöglich mit der Situation in der Corona-krise arrangiert. Der Sieg gegen Köln vor etwas mehr als zwei Monaten war dabei sehr hilfreich, das Team hat dort schon die Erfahrung gemacht, was nötig ist, um in der Atmosphäre eines Geisterspiels erfolgreich zu sein. Dazu haben die Borussen schnell ihre solidarische Seite gezeigt, aber dann auch wieder schnell in den sportlichen Modus geschaltet. Sie machen immer wieder klar, dass keiner Lust auf Geisterspiele hat, aber sie stellen sich der Herausforderung, ohne zu lamentieren. „Wir haben die Situation sehr gut angenommen. Ich bin daher sehr stolz auf die Mannschaft. Wir haben versucht, alles andere, was wir nicht beeinflussen können, auszublenden, und uns auf das zu konzentrieren, was auf dem Platz passiert“, sagte Keeper Yann Sommer. Wichtig dafür ist auch, dass Trainer Rose seinen Spielern eingeimpft hat, trotz der angespannten Situation Spaß zu haben.
Formstärke Von der langen Pause war bei den Gladbachern nichts zu spüren. Nach 36 Sekunden erzielte Alassane Plea bereits das 1:0, es war das zweitschnellste Tor der Klub-geschichte. Sechs Minuten später erzielte Borussia schon das 2:0. Spielerisch hat das Team damit gleich Eindruck gemacht, mit 117 gelaufenen Kilometern hat es dazu gezeigt, dass es körperlich ebenfalls auf hohem Niveau ist. „Wir haben uns in der fußballfreien Zeit auch sehr gut auf den Neustart vorbereitet. Wir haben viel trainiert, viel miteinander gesprochen und uns einige Spielanalysen angeguckt. Aber es war nicht leicht, nach so einer langen Zeit wieder zu spielen“, sagte Marcus Thuram, der das 2:0 erzielte.
Top-kader Rose hat eine Mannschaft beisammen, die dafür gerüstet ist, eine derart intensive Phase, wie es sie in den nächsten sechs Wochen geben wird, erfolgreich zu meistern. Spätestens in der Englischen Woche nach dem Spiel gegen Leverkusen am Samstag wird Rose rotieren müssen, doch angesichts von Alternativen wie Lars Stindl, Christoph Kramer, Patrick Herrmann und Tony Jantschke ist das kein Problem für Gladbachs Trainer. Schon häufig haben die Borussen in dieser Saison bewiesen, in verschiedenen personellen Konstellationen gute Leistungen zeigen zu können. Es fiel am Samstag nicht mal auf, dass mit Denis Zakaria der vielleicht beste Spieler im Kader aufgrund einer Knie-op wohl noch mindestens drei Wochen ausfällt.
Bayern-spezialist Damit die Möglichkeit besteht, Geister-meister zu werden, muss Gladbach das direkte Duell bei Bayern München am 31. Spieltag gewinnen. Und darauf besteht durchaus Hoffnung, da Borussia der Angstgegner des Rekordmeisters im eigenen Stadion ist. Die Bilanz der vergangenen acht Bundesligaspiele in München ist ausgeglichen. Dreimal gewann Bayern, zwei Partie endeten unentschieden, dreimal fuhr Gladbach mit drei Punkten zurück an den Niederrhein. In der vergangenen Saison gab es sogar ein eindrucksvolles 3:0 in München. Und auch in der laufenden Spielzeit konnten die Borussen die Bayern bezwingen, 2:1 endete das Spiel im Borussia-park. Auch gut für Gladbach: Bayern spielt auch noch in Dortmund, der BVB als weiterer Titelkandidat noch bei RB Leipzig.
Meister-trainer Rose weiß, wie man Titel gewinnt. Vor seinem Wechsel nach Gladbach im vergangenen Sommer wurde er in Österreich mit RB Salzburg zweimal überlegen Meister, zuvor gewann er mit der U19 die Youth League, die Champions League der Nachwuchsteams. Und was sagt Rose zur Meisterfrage in der Bundesliga? „Man kennt uns nun ja, dass wir insgesamt sehr selbstbewusst sind. Wir machen uns selbst Druck, weil wir jedes Spiel gewinnen und das Bestmögliche erreichen wollen, ohne jedoch ein plakatives Ziel auszusprechen. Wir tun gut daran, selbstbewusst zu sein, aber dabei demütig zu bleiben“, sagte Rose. Mit Gladbach muss man im Titelkampf rechnen.