Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Corona-schock kam in Palma

Ngz-mitarbeite­rin Katharina Molzberger hat den Anfang der Corona-krise nur am Rande mitbekomme­n. Sie war als Crewmitgli­ed auf einem Kreuzfahrt­schiff unterwegs. Auf Palma de Mallorca erlebte sie die wahren Ausmaße der Krise.

- VON KATHARINA MOLZBERGER

KAARST Während im Januar die ersten Deutschen Bürger aus China ausgefloge­n wurden, ging es für mich und meine Kollegen auf einem Kreuzfahrt­schiff der Flotte „Meinschiff“ganz normal weiter. Wir verfolgten die Nachrichte­n und bekamen mit, wie sich das Virus verbreitet, waren aber noch in unserer eigenen Blase – weit weg von den Geschehnis­sen und isoliert von allem, was auf dem Festland passiert. Zwar mussten die Gäste beim Betreten des Schiffs Gesundheit­sformulare ausfüllen und die Crew sollte regelmäßig die Hände desinfizie­ren, dennoch galt: es wird weitergema­cht wie bisher. Durch die Berichters­tattung in den Medien schlich sich bei mir persönlich ein ungutes Gefühl ein, aber wie oft haben die Medien schon übertriebe­n und nach der ersten Sensations­welle wurde alles vergessen? Das war meine Einstellun­g zu Beginn der Krise.

Ab Anfang März ging dann alles sehr schnell. Wir hörten schon von anderen Schiffen der Flotte, dass die Crew kurzfristi­g nach Hause geschickt wurde und die Gäste ebenfalls das Schiff verlassen mussten. Die Reise vom 5 bis 15. März sollte für uns vorerst die letzte mit Gästen sein. Die Maßnahmen wurden währenddes­sen so verschärft, dass wir nach Malága keinen Hafen mehr anlaufen durften. Spanien hat dicht gemacht. Am 11. März lagen wir nachmittag­s noch am Strand, am darauf folgenden Abend bekamen wir die Nachricht, das Schiff könne den nächsten geplanten Hafen nicht anlaufen. Zu diesem Zeitpunkt haben uns gerade auf eine Show vorbereite­t. Während der Vorstellun­g haben wir noch einmal alles für unser Publikum

gegeben – das Virus immer im Hinterkopf.

Von diesem Moment an waren Unsicherhe­it und Unwissenhe­it ständige Begleiter. Es wurde gesagt, wir sollten uns darauf einstellen, nach Hause zu gehen, die Frage sei nur wann. Details wurden nicht verraten – weil niemand irgendetwa­s wusste. Wir waren drei Tage am Stück auf See – ohne ein Ziel vor Augen gehabt zu haben. Am 14. März haben wir vor Anker gelegen, da wir vorerst nicht in Palma de Mallorca einlaufen durften. Für uns galt es trotzdem, den Gästen – soweit möglich- normale Tage zu bieten, mit allem, was sie gebucht hatten: Showprogra­mm, Service und vieles mehr.

Einige Kollegen bekamen am gleichen Tag Flugdetail­s. Ich persönlich hatte bis zum Abend noch immer keine Auskunft darüber, wann es für mich nach Hause gehen wird. Von unserem Management wurden wir stets über die neuesten Entwicklun­gen informiert. Ob Flüge aber tatsächlic­h gingen, war die andere Frage. Kurz vor der abendliche­n Poolshow, die als Abschiedsz­eremonie für die Gäste dienst, erhielt ich meine Flugdaten. Mein Abendprogr­amm war eine Mischung aus

Kofferpack­en, Show spielen, Gepäckkont­rolle, Kabine putzen der Verabschie­dung von Kollegen und Freunden. Wir befanden uns in unserer eigenen kleinen Welt, als uns am Flughafen in Palma de Mallorca die Realität einholte: Geschlosse­ne Geschäfte, Menschen mit Mundschutz und Handschuhe­n sowie fast leere Hallen. Viele meiner Kollegen hatten keine Möglichkei­t, nach Hause zu kommen, da die Grenzen geschlosse­n waren und teilweise heute auch noch sind. Das war ein Schock für uns alle, die wir bis zu diesem Zeitpunkt von all dem nichts mitbekomme­n haben.

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FOTO: MOLZBERGER Katharina Molzberger mit Helm und Blaumann: Auf diesem „Drydock“wurde das Kreuzfahrt­schiff umgebaut. Molzberger ist froh, gerade noch rechtzeiti­g nach Hause geflogen zu sein.

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