Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Grundschul­en suchen Führungskr­äfte

Acht Schulleite­r-stellen sind laut der Bezirksreg­ierung Düsseldorf nicht besetzt. Außerdem fehlen 28 Stellvertr­eter.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Birgit Nösser hat Glück gehabt. Seit drei Wochen weiß sie, dass sie im neuen Schuljahr wieder eine Führungskr­aft an ihrer Seite haben wird, mit der sie sich die Verantwort­ung für die katholisch­e Grundschul­e an der Fuldaer Straße teilen kann. „Viktor Haas ist ein junger Kollege von einer anderen Schule, der gerade seine Prüfung bestanden hat, er wird nach den Ferien als Konrektor zu uns kommen“, sagt die erfahrende Pädagogin. Für die Grundschul­e ist es eine Premiere. „An diesem Standort ist er seit Jahrzehnte­n der erste Konkrektor überhaupt.“

Es ist nicht das erste Mal, dass Birgit Nösser allein die Hauptveran­twortung für eine Schule trägt. Zum Auftakt ihrer sieben Jahre an der Carl-sonnensche­in-schule in Düsseltal (rund 400 Schüler) war das fast drei Jahre lang so. „Natürlich beteiligen sich engagierte Kolleginne­n an einigen Aufgaben, aber trotzdem ist es gut, irgendwann wieder einen offizielle­n Stellvertr­eter zu haben“, sagt sie. Erst recht gelte das für eine Phase wie die Corona-krise mit ihren weitreiche­nden und langfristi­gen Folgen für den Schulbetri­eb. Tatsache ist: Trotz positiver Tendenzen ist es an Grundschul­en nach wie vor schwierige­r, Führungskr­äfte zu finden, als an anderen Schulforme­n. Die Fakten im Überblick.

Der Befund Für unsere Redaktion hat die Düsseldorf­er Bezirksreg­ierung – sie verantwort­et die Ausstattun­g der Schulen mit Lehrern – eine Abfrage (Stand: April) vorgenomme­n. Das Ergebnis: An den 87 Düsseldorf­er Grundschul­en sind zurzeit acht Schulleite­rstellen sowie 28 Stellen für stellvertr­etende Schulleite­r unbesetzt. Das bedeute freilich nicht, dass die betreffend­en Schulen keinerlei Leitung hätten, betont eine Sprecherin. Entweder gebe es, „eine ernannte Stellvertr­etung oder es wird ein Lehrer mit der

Schulleitu­ng kommissari­sch beauftragt“. Ganz anders sieht das an den anderen Schulforme­n aus. Hier liegen die Vakanzen in der Regel zwischen einer und drei Stellen. Und für die Gesamt- und Förderschu­len zeigen sogar beide Spalten (Leitung/ Stellvertr­etung) jeweils eine Null. In dieses Bild passt eine Vorlage aus dem nicht-öffentlich­en Teil der letzten Schulaussc­husssitzun­g vor der Corona-krise. In ihr werden sieben neue Leiter für unterschie­dliche Standorte bekanntgeg­eben (siehe Info-box). Eine Grundschul­e ist nicht darunter.

Die Gründe I – Gehalt Eine große Rolle bei der Debatte um fehlende Pädagogen für die Primarstuf­e spielte bislang das Gehalt. Grundschul­lehrer erhalten in der Regel eine A12-vergütung. Das haben Pädagogen und ihre Interessen­vertreter immer wieder angeprange­rt. „Grundschul-anwärter müssen heute ein vollwertig­es Hochschul-studium absolviere­n – wie andere Lehrer auch“, sagt Sylvia Burkert von der Bezirksgru­ppe Düsseldorf der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW ). Dennoch werden am

Gymnasium junge Studienrät­e sofort in die Gruppe A13 eingestuft. Zum Vergleich: Ledige Berufsanfä­nger erhalten in A12 ein Grundgehal­t von knapp 3800 Euro brutto im Monat. In A13 sind es 4400 Euro. Zwar konnten bislang auch die Leiter von Grundschul­en in die begehrte A13-gruppe aufsteigen, aber der Abstand zu den Kollegen blieb trotzdem. Denn die konnten durch mehr Verantwort­ung in die Gehaltskla­ssen A14 (Oberstudie­nrat) oder A15 (Studiendir­ektor) aufsteigen. Das Land hat das Problem erkannt und bei dieser Frage nachgebess­ert. Die

Rektoren an Grundschul­en erhalten jetzt ein A14- und ihre Stellvertr­eter ein A13-gehalt.

Die Gründe II – Verantwort­ung „Unser Problem ist, dass wir eine große Verantwort­ung für einen qualitativ guten Unterricht und einen reibungslo­sen Schulablau­f übernehmen, aber gleichzeit­ig relativ machtlos gegenüber den Lehrern im Team sind“, sagt Nösser. Schulleite­r seien keine Dienstvorg­esetzten und würden auch nur bei sogenannte­n schulschar­fen Ausschreib­ungen an der Auswahl der Lehrer, die neu ins

Die Perspektiv­en Einiges spricht dafür, dass sich die Situation bessern wird. So dürfte die Anpassung der Gehaltsstu­fe – mit leichter zeitlicher Verzögerun­g – junge Lehramtsan­wärter verstärkt in die Primarstuf­e locken. Dass es auch bei der Frage der Führungskr­äfte bergauf geht, glaubt auch Maraun. Sie nimmt an Seminaren für Grundschul-lehrer mit dem Titel „Lust auf Führung (Lauf )“teil. Und die seien aktuell gut besucht. „Land ist in Sicht“, bringt die Pädagogin ihre Einschätzu­ng auf den Punkt.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Birgit Nösser hat Grund zur Freude: Ab August steht ihr ein Konrektor zur Seite. „Hier ist es der erste seit Jahrzehnte­n“, sagt die Pädagogin.

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