Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Mähroboter sind neue Todfeinde der Igel
Die Igelhilfe Grevenbroich meldet: volles Haus! Alle 38 Plätze bei Inge Lempka in Wevelinghoven sind derzeit belegt. Daran ist die moderne Gartentechnik Schuld und die erbarmungslosen Kämpfe unter Igelmännchen im Mai.
WEVELINGHOVEN Alarm bei der Igelhilfe Grevenbroich: Alle 38 Käfige sind voll! Denn die knuffigen, mit bis zu 8000 Stacheln ausgestatteten bewährten Beet-schleicher, haben einen neuen Todfeind in den Gärten. „Mähroboter sind verantwortlich für zahlreiche verletzte Tiere, die wir derzeit gesund pflegen“, klagt Inge Lempka. Vor neun Jahren hat sie ihr Herz an die Igel verloren und pflegt seither abgemagerte, kranke und eben auch verletzte Tiere, die ihr Menschen aus dem gesamten Rhein-kreis und benachbarten Regionen bringen.
Doch derzeit geht nichts mehr. Der Tag beginnt morgens um 4.30 Uhr mit dem Füttern, Wundkontrolle und dem Saubermacher der Tiere. Neben den 36 erwachsenen Igeln beherbergt Inge Lempka derzeit die ersten Baby-igel, die am Wegesrand gefunden wurden. „Sobald sie einen Igel einen Tag sehen können, stimmt etwas nicht“, sagt Inge Lempka auf die Frage, wann der Mensch in ein Igelleben eingreifen müsse. Zurzeit versucht sie, ihrem guten Ruf als Igel-retterin trotz des vollen Hauses gerecht zu werden: „Wenn mich jetzt Menschen aus anderen Städten anrufen und mir Igel zum Aufpäppeln bringen wollen, überlege ich am Telefon gemeinsam mit ihnen, wo sie die Tiere am besten hinbringen sollen.“
Daran sind eben auch die sehr beliebten Rasenmähroboter Schuld. Sobald die flachen Maschinen in der Dämmerung oder gar des nachts auf einem Grundstück unterwegs sind, können sie den nachtaktiven Igeln zum Verhängnis werden. Naht ein Mähroboter, rollen sich die Igel einfach ein – so wie es ihr Instinkt im Umgang mit Fressfeinden gebietet. Sie bleiben starr in der Bahn eines Mähroboters liegen und geraten so zwischen die scharfen Messer. Umweltschützer raten deshalb, Mähroboter nur tagsüber zu betreiben.
Hinzu kommt laut Inge Lempka, dass im Mai die Igel-männer besonders rösig sind und miteinander um die besten Reviere kämpfen. So putzig die kleinen Tiere mit den dunklen Knopfaugen und der spitzen Nase auch aussehen, so hart geht es bei diesem Kämpfen zu. Der Unterlegene
bleibt meist verwundet zurück – und wird mit etwas Glück zu Inge Lempka gebracht. Dort werden sie mit einer bestimmten Sorte Katzenfutter und Rührei aufgepäppelt, vom Tierarzt untersucht und regelmäßig zur Gewichtszunahme auf die Waage gesetzt – bei den Lempkas ist in all den Jahren ein regelrechtes Sanatorium für die Igel der Region entstanden. Sobald die Tiere um die 600 Gramm schwer sind, werden sie wieder in der Natur ausgesetzt. Und zwar möglichst genau dort, wo
Menschen sie zuvor eingesammelt haben. „Die Igel kennen ihr Revier ganz genau“, sagt Inge Lempka.
Bei Tieren, die hilflos auf Straßen oder Bürgersteigen umher irrten, werde natürlich eine geeignetere Fläche gesucht, um sie freizulassen.
„Wenn mein Mann für meine Arbeit nicht so viel Verständnis aufbringen würde, könnte ich sie nicht erledigen“, sagt Inge Lempka – mit einem großen Dankeschön an den Gatten.
Ihr Dank gilt auch all jenen Mitmenschen, die ihr nicht nur einen gefundenen Igel, sondern auch eine kleine Spende für die Tierarzt- und Futterkosten geben. 2018 habe sie rund 380 Igel gepflegt, im vergangenen Jahr seien es rund 500 Tiere gewesen. „Heiße und trockene Sommer sorgen dafür, dass die Igel bei uns viel Nachwuchs bekommen“, weiß die Igel-flüsterin. Es wird also vorerst bei dem Andrang bleiben.
Kein Verständnis hat die Ehrenamtlerin für Menschen, die von ihr verlangen, sie möge kranke Igel gefälligst abholen, oder die gar sauer werden, wenn sie in diesen Tagen die Annahme verweigern muss. „Die denken vermutlich, dass ich für meine Arbeit bezahlt werden“, sagt Lempka. „Sobald ich einen verletzten Igel sehe, muss ich ihm helfen“, sagt die Wevelinghovenerin.