Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Die Stadt bleibt für die Nahversorgung unerlässlich“
Der Sprecher der Neusser Immobilienbörse über Leerstände und die Folgen einer möglichen Kaufhof-schließung.
Herr Busch, beim Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof droht die Schließung vieler Filialen, und in den Standortgemeinden fürchtet man um die Zukunft der Innenstädte. Wie verfolgen Sie als Makler diese Entwicklung? Alexander Busch Mit Interesse. Ich denke aber, dass der Neusser Standort davon verschont bleibt.
Wie kommen Sie zu der Annahme? Busch Das ist mein Eindruck aus vielen Gesprächen – und der Standort Neuss funktioniert ja auch.
Gehen wir mal vom schlimmsten Fall aus: Mit welchen Auswirkungen wäre zu rechnen? Busch Dann wäre es sinnvoll und nötig, sich eine intelligente Nachnutzung zu überlegen. Das muss nicht schlecht oder schlimm sein, sondern wäre vielleicht die Chance zur Revitalisierung der Niederstraße. Die hat ja mal dem Büchel als Top-lage den Rang abgelaufen, doch das hat sich völlig gewandelt.
Handel wird es an dieser Stelle immer geben. Ob noch in dieser Größenordnung, glaube ich aber nicht.
Und die unmittelbaren Folgen etwa für die Ladenmieten? Busch Die Zeit eines Leerstandes, eines Umbaus, einer Umwidmung würde sicherlich schmerzhaft. Das zeigen einschlägige Beispiele in Nachbarstädten. Durch dieses Tal der Tränen müssten wir. Aber es gibt ein Danach. Der Kaufhof ist ein Frequenzbringer, aber das kann eine neue Nutzung auch sein.
Bei Neuss-marketing beobachtet man, dass schon jetzt Leerstand lange Leerstand bleibt und sich Neuvermietungen verzögern. Deckt sich das mit ihrem Eindruck ? Busch Das gilt nicht für alle Lagen. Glockhammer und Sebastianusstraße sind sicher nicht einfach. Da vollzieht sich gerade ein Umbruch. Meiner Ansicht nach fehlte dem Glockhammer zuletzt ein klares Profil. Etwas, damit die Leute sagen: Da finde ich das – und deshalb gehe ich dahin. Es gibt vielerlei Geschäfte, aber keine Frequenzbringer durch besondere Sortimente. Das war früher mal anders.
Wie kann man das wieder drehen? Busch Ich sehe durchaus Chancen, auch weil derzeit über die Straßen und eine mögliche Änderung der Verkehrsführung diskutiert wird. Allerdings ist das noch nicht zeitlich greifbar. Im Moment gibt es ein großes Angebot durch viel Leerstand. Aber das könnte die Chance bieten, dass man durch sinkende Preise zu einer neuen Attraktivität kommt.
Wie das? Busch An der Neustraße haben wir das erlebt. Als die Hauptpost geschlossen wurde, begann ein jahrelanger Niedergang der Straße. Die Post als Frequenzbringer hatte zu viel Laufkundschaft und in der Folge zu hohen Mieten geführt. Das war auf einmal weg. Erst als die Mieten sanken, siedelten sich dort wieder attraktive Unternehmen mit Schwerpunkt Gastronomie an.
Aktuell zählt man 28 Leerstände im Umkreis von 1000 Metern rund um die Niederstraße: Ist das viel? Busch Ich würde es noch als normal bezeichnen. Die Lage ist nicht kritisch, ich sehe die Stadt im Wandel.
Lange galt das Credo, dass der Handel in der Stadt große und ebenerdig zu erreichende Flächen benötigt. Stimmt das noch? Busch Ja. Der Handel im Obergeschoss ist allerdings tot.
Wären in Zeiten der Online-konkurrenz nicht auch andere Konzepte vorstellbar als große Geschäfte? Busch So etwas gibt es, Vorwerk macht es vor. Deren Laden ist ein reiner Showroom, in dem man nur bestellen kann. Der Handel probiert gerade manches aus, aber ich vermag keine Prognose zu geben, was sich durchsetzt. Für mich ist entscheidender, dass die Stadt für die Nahversorgung unerlässlich bleibt.
Es gibt die These, dass sich die Gewichte im Immobilienmarkt durch die Corona-krise Richtung Mieter verschieben. Richtig? Busch Nein. Der Ausbruch der Corona-krise hat zu großer Unsicherheit geführt, das stimmt. Aber die Verhältnisse normalisieren sich.