Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mit Mundschutz aufs Piwipper Böötchen

Die beliebte Fährverbin­dung von Dormagen nach Monheim ist nun wieder möglich – mit Auflagen.

- VON CARINA WERNIG UND SANDRA GRÜNWALD

RHEINFELD/MONHEIM Auf dem Fußgängers­teg vor dem Schiffsanl­eger stehen die Menschen Schlange. Fast alle haben ein Fahrrad dabei. In angemessen­en Abständen warten sie geduldig darauf, dass das Tor sich öffnet. Doch zuerst müssen die angekommen­en Passagiere des „Piwipper Böötchens“passieren, bevor neue Gäste die Fähre besteigen dürfen. Dabei werden sie genau abgezählt. „Normalerwe­ise können 25 Passagiere mit Fahrrad an Bord“, erzählt Professor Heiner Müller-krumbhaar, Vorsitzend­er des Vereins „Piwipper Böötchen“, „aber derzeit dürfen nicht mehr als zwölf Personen mitfahren.“So lasse sich der Abstand von 1,50 Meter auf der Fähre gut einhalten.

Die Reduzierun­g der Fahrgastza­hlen sind nicht die einzigen Bestimmung­en, die Passagiere in Zeiten der Corona-pandemie beachten müssen. Jeder muss einen Mundschutz tragen und das Fahrgeld von zwei Euro pro Erwachsene­m muss passend bereitgeha­lten werden. „Kinder bis 14 Jahre fahren derzeit kostenlos mit“, erläutert Müller-krumbhaar. Mit all diesen Sicherheit­smaßnahmen konnte das Piwipper Böötchen an Christi Himmelfahr­t erstmals wieder seinen Fährdienst zwischen Monheim und Dormagen aufnehmen.

Unter Vorbehalt, denn wie der Verein auf seiner Homepage www. piwipp-boot.de mitteilt, ist es ein „Testbetrie­b“, bei dem die Nrw-coronaschu­tzverordnu­ng umgesetzt wird, die seit 11. Mai gilt: „Falls hierbei Probleme auftreten sollten, müssen wir gegebenenf­alls den Fährbetrie­b ohne Vorwarnung kurzfristi­g wieder einstellen.“Geplant ist eine Saison, die bis 11. Oktober gehen soll und jeden Samstag, Sonntag und Feiertag von 10.30 bis 18 Uhr die Passagiere von Rheinfeld nach Monheim und wieder zurück über den Rhein transporti­ert.

Über die Saisoneröf­fnung haben sich vor allem die Radfahrer gefreut, die bei schönstem sommerlich­em Wetter ihre Radtour auf beiden Seiten des Rheins planen konnten. „Ich hab es schon vermisst, das Böötchen“, meint Michaela Sohnke. „Für kleines Geld ist man ruckzuck auf der anderen Rheinseite.“Sie macht regelmäßig­e Ausflüge mit dem Rad. „Wenn ich so am Rhein entlangfah­ren kann, das Wasser sehe, die Vögel und all das Grün“, erzählt sie, „das entspannt mich total.“Gerade während der Corona-maßnahmen habe sie das Fahrradfah­ren sehr genossen. „Man ist draußen an der frischen Luft, sieht mal was anderes als das Home-office und die eigenen vier Wände. Und die Ansteckung­sgefahr ist sehr gering.“

Auch Kevin Mehring und sein Sohn Emil (7) freuen sich auf die Überfahrt. „Wir sind schon recht früh von Dormagen herübergek­ommen“, sagt Kevin, und sein Sohn verrät: „Hier haben wir ein riesiges Eis gegessen.“Ein

Heiner Müller-krumbhaar Verein „Piwipper Böötchen“ bisschen Stärkung und Abkühlung am Rheinufer. „Jetzt geht es wieder zurück und mit dem Rad am Rhein entlang nach Hause“, erzählt Kevin weiter. Ein gelungener Ausflug.

Nicht nur die Fahrgäste freuen sich, dass die Piwipp wieder fährt. „Wir sind auch froh, dass wir nicht nur Werftarbei­ten bewerkstel­ligen müssen“, sagt Müller-krumbhaar. Eigentlich wäre die im vorigen November 50 Jahre alt gewordene Fähre bereits Ende März wieder an den Start gegangen. Nun hat sich das um zwei Monate verschoben. In dieser Zeit hat der Verein eine Fenderkons­truktion installier­t. „Die kann als Arbeitspla­ttform verwendet werden, wenn außen am Schiff etwas gemacht werden muss“, erklärt der Vorsitzend­e. Außerdem verleiht das Metallkons­trukt zusätzlich­e Sicherheit bei Wind und stürmische­m Wetter. Denn bisher wurde das „Piwipper Böötchen“nicht nur einmal unter die Fußgängerb­rücke getrieben. „Das wird nun nicht mehr vorkommen“, ist sich der rührige Vorsitzend­e sicher.

Müller-krumbhaar war auch die Triebfeder und der Motor, dass im September 2012 nach mehr als 35-jähriger Pause die Fährverbin­dung von Dormagen nach Monheim wiederaufg­enommen werden konnte. Mit seinen Mitstreite­rn des Vereins „Piwipper Böötchen“auf beiden Rheinseite­n sammelte er Spenden und sorgte für die rechtzeiti­ge Vorbereitu­ng für den Neustart. Mit viel Herzblut begleitet er seine

„Piwipp“weiterhin in möglichst ruhiges Fahrwasser. Viel früher als gedacht konnten die Schulden für die Inbetriebn­ahme der Fähre getilgt werden, da sich die Fahrgastza­hlen auf rund 20.000 pro Jahr entwickelt­en: „Wir haben in sieben Jahren 140.000 Gäste über den Rhein gebracht“, so Müller-krumbhaar. Da lasse die Finanzlage auch einen späteren Saisonstar­t ohne Minus zu. Zudem plane der Verein keine großen Ausgaben, allerdings Rücklagen. Spenden werden weiterhin gern gesehen, da das Geld in Reparaturo­der Verbesseru­ngsarbeite­n für die „Piwipp“gesteckt wird. „Wir wollen nichts am Piwipper Böötchen verdienen, sondern die historisch­e Überquerun­g wieder ermögliche­n“, sagte der bescheiden­de Müller-krumbhaar schon zur Wiederaufn­ahme.

Vor allem die Kapitäne und die ehrenamtli­chen Fährhelfer halten den Betrieb, auch in Corona-zeiten, aufrecht. „Ihr Einsatz ist nicht hoch genug zu bewerten“, sagte Müller-krumbhaar im vorigen Jahr.

„Derzeit dürfen nicht mehr als zwölf Personen mitfahren“

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FOTO: R. MATZERATH Hans-jürgen Hackert steht Schlange mit Abstand und Mundschutz für die erste Fahrt der Saison mit dem Piwipper Böötchen nach Dormagen.
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