Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Polizei: Spuck-angriffe hart bestrafen
Immer öfter würden Beamte und öffentliche Bedienstete angespuckt, beklagen Gewerkschafter. In Corona-zeiten kann das strafrechtlich eine Körperverletzung sein. NRW will durchgreifen.
DÜSSELDORF Die Polizeigewerkschaften in NRW warnen vor sogenannten Spuck-attacken. „Wer andere gerade während der Corona-krise absichtlich anspuckt, muss die volle Härte des Rechtsstaates zu spüren bekommen. Denn harte Strafen können abschreckende Wirkung haben“, sagte Erich Rettinghaus, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in NRW. Wichtig sei aber, dass die Strafe schnell erfolgt. „Und nicht erst nach Monaten. Letztlich kommt es auch auf den jeweiligen Richter an, wie er den Fall bewertet und ob er den Strafrahmen ausschöpft“, betonte Rettinghaus.
Nach Meinung des stellvertretenden Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Michael Maatz, haben Spuck-attacken zugenommen – insbesondere gegen Polizisten. „Um es klar zu sagen: Früher hat es das in der Form und Häufigkeit nicht gegeben“, sagte Maatz. Auch aus psychologischer Sicht sei das für die Betroffenen ziemlich schlimm. „Wenn jemand angespuckt und im Gesicht getroffen wird, hat derjenige unter Umständen natürlich Sorge, irgendeine Krankheit zu bekommen“, so Maatz. Auch er plädiert dafür, die Täter so hart wie möglich zu bestrafen.
Entsprechende Zahlen über Spuck-attacken sind bislang nicht erhoben worden. „Das Anspucken von Polizeibeamten ist strafrechtlich eine Beleidigung, in Corona-zeiten möglicherweise sogar eine Körperverletzung oder eine gefährliche Körperverletzung“, sagte Nrw-innenminister Herbert Reul (CDU) unserer Redaktion. Es habe aber auch eine gesellschaftliche Relevanz, und die finde er sehr bedenklich. „Diese Spuckerei ist Ausdruck einer tief sitzenden Missachtung des Staates und seiner Institutionen. Dem müssen wir einen klaren Riegel vorsetzen, indem wir das mit aller Schärfe verfolgen und ahnden“, betonte Reul. Niemand müsse sich anspucken lassen – „erst recht keine Polizistinnen und Polizisten“.
Bundesweit berichtet die Polizei während der Corona-krise immer wieder von Spuck-attacken. So wurde vor wenigen Tagen eine Busfahrerin in Oberhausen aus einer vierköpfigen Gruppe heraus bespuckt und beleidigt. In einem Zug in Göttingen spuckte ein Mann eine Frau an. Vorher hatte er gedroht, die Frau mit dem Coronavirus zu infizieren.
Gegen ihn wird nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Ein folgenschwerer Fall ereignete sich in London. Dort wurden zwei Bahnangestellte von einem an Covid-19 erkrankten Mann angespuckt. Beide infizierten sich, eine Frau starb.
Lungenarzt Thomas Voshaar vom Bethanien-krankenhaus in Moers, dessen Behandlungsmethode von Covid-19-patienten derzeit weltweit Beachtung findet, warnt jedoch vor Panikmache. „Im Sekret befinden sich zwar grundsätzlich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Viren. Aber das heißt noch lange nicht, dass man sich angesteckt hat, wenn man angespuckt worden ist“, sagte Voshaar.
Eine pauschale Strafe für „Spucker“kann es nach Einschätzung der Polizeiexperten nicht geben, weil jeder Fall einzeln bewertet werden muss. „Eine Rolle spielt, ob derjenige betrunken gewesen ist oder unter Drogen gestanden hat. Wichtig für das Strafmaß ist auch, wo er hinspuckt: auf die Jacke oder ins Gesicht“, erklärte Rettinghaus. Leitartikel