Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wegen Messerstec­herei vor Gericht

Einem 35 Jahre alten Bulgaren wird ein Mordversuc­h in Allrath vorgeworfe­n.

- VON DIRK NEUBAUER

GREVENBROI­CH Vor dem Landgerich­t in Mönchengla­dbach hat gestern der Prozess gegen einen 35 Jahre alten Mann aus Grevenbroi­ch begonnen. Der Bulgare ist wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverl­etzung angeklagt. Die Staatsanwa­ltschaft legt ihm zur Last, einem 44 Jahre alten Landsmann am Vorabend des Nikolausta­ges 2019 an der Neurather Straße in Allrath ein Messer in den Rücken gerammt zu haben. Das Messer habe erst die Brustwirbe­lsäule getroffen und sei schließlic­h im Rücken stecken geblieben. Nur durch eine Notoperati­on konnten die Ärzte das Leben des Schwerverl­etzten retten. Vorausgega­ngen sei laut der Anklage ein Streit zwischen den Männern im Rahmen eines Autokaufs.

Im Saal A100 des Mönchengla­dbacher Gerichts sorgt Corona derzeit für Kontraste. Auf das ehrwürdige Holzgestüh­l der Anklage und Verteidigu­ng und zwischen die Plätze der Schwurgeri­chtskammer sind Acrylglass­cheiben montiert – als Gesundheit­sschutz. Der Kommunikat­ion dienlich ist der Virenschut­z-aufbau nicht. Mehrfach musste die vereidigte Dolmetsche­rin für Bulgarisch nachfragen, weil sie die Aussagen des Angeklagte­n nicht auf Anhieb verstand.

Und auch Richter Lothar Beckers musste sich am Tag eins des derzeit auf insgesamt vier Verhandlun­gstage angesetzte­n Prozesses erst einmal mit dem Angeklagte­n vertraut machen. Als der eine Frage des Richters mit einem deutlichen Nein beantworte­te, nickte er heftig dazu. „Das irritiert mich, ist aber offenbar in Bulgarien so üblich“, sagte Richter Beckers.

Wie Rechtsanwa­lt Felix Menke als Strafverte­idiger ankündigte, wolle der Angeklagte sich am ersten Verhandlun­gstag lediglich zu seiner Person äußern. Frühestens am nächsten Gerichtste­rmin werde man aber eine Erklärung zu den Ereignisse­n am 5. Dezember 2019 in Allrath vorlegen. Dort war der Angeklagte im Rahmen seines ersten Arbeitsein­satzes in Deutschlan­d als Gerüstbaue­r gemeinsam mit Kollegen in einer Sammelunte­rkunft untergebra­cht.

Er stamme aus einem kleinen bulgarisch­en Dorf und habe lediglich zwei Schuljahre absolviert, berichtete der Angeklagte aus seinem Lebenslauf. Er habe schon früh durch Viehhüten Geld für seine Familie verdienen müssen. Als er 15 Jahre alt war, sei sein Vater vor einen Zug geschubst worden und dabei ums Leben gekommen. Neben landwirtsc­haftlichen Arbeiten habe er alles Mögliche gearbeitet, unter anderem auf dem Bau. Da laut den Ermittlung­sakten bei der Gewalttat in Allrath eine Menge Alkohol mit im Spiel war, wurde der Angeklagte nach seinen Trinkgewoh­nheiten befragt. Von Wodka werde ihm immer schlecht, verriet er. Der Prozess wird am 12. Juni fortgesetz­t.

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ARCHIV-FOTO: ILGNER Der Prozess wird vor dem Schwurgeri­cht in Mönchengla­dbach verhandelt und soll am 12. Juni fortgesetz­t werden.

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