Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Familie rettet Frösche vor dem Dürre-tod
Paul, Moritz und Claudia Geisler entdeckten Froschlaich in einer Pfütze. Als der Boden austrocknete, starteten sie eine Hilfsaktion. INFO
GREVENBROICH Paul hat die schwarzen Punkte zuerst gesehen. „Schau mal Mama, da sind Froscheier in der Pfütze“, sagte der Sechsjährige und hockte sich nieder, um den Glibber aus der Nähe zu betrachten. Da war es Mitte März mitten im Wald zwischen Schloss Hülchrath und Langwaden – und weder Mutter Claudia Geisler noch Paul (6) noch sein Bruder Moritz (3) war in diesem Moment klar, was begann: die Aktion Rettet die Waldfrösche!
Seither hat Claudia Geisler im Internet jede Menge über Frösche recherchiert, zu Dritt trugen sie Dutzende Liter Wasser aus dem Gillbach zur Pfütze, stifteten durch Baumzeichnungen weitere Menschen an, mitzumachen, retteten mehr als 300 Kaulquappen, als es im April fürchterlich trocken wurde. Und tragen derzeit die Ergebnisse ihrer Bemühungen zurück an diese Stelle: Etwa daumennagelgroße, braune Frösche springen grußlos davon, sobald Paul sein Lupenglas öffnet, um sie frei zu lassen. Aber der Reihe nach!
„Wir sind sehr oft hier im Wald“, sagt Claudia Geisler. So ein paar Stunden im Grünen helfen gegen den Corona-koller in den eigenen vier Wänden. Und in der Natur lässt sich immer etwas entdecken. Da sind die Froschlaich-pfützen mitten auf einem Wirtschafts-waldweg, über den auch mal Trecker fahren, nur ein Beispiel. Um dort hinzukommen, muss man über verschlungene Pfade gehen und über umgestürzte Bäume klettern – pures
Abenteuer für die Jungs. Die Stelle mit dem Froschlaich stand ab sofort als Pflicht auf der Entdeckerroute von Mutter und Söhnen.
„Schon als wir das zweite Mal hierhin kamen, wurde uns klar: Die Dürre wird zur Gefahr“, blickt Claudia Geisler zurück. Die Pfützen trockneten viel zu schnell aus. Wie sollten Laich und Kaulquappen in den rasch schrumpfenden Wasserlöchern bloß überleben? „In einem ersten Impuls haben wir das Wasser aus unseren Trinkflaschen dort hinein geschüttet.“Von nun an kamen die Froschretter jeden Tag; trugen leere Wasserflaschen im Rucksack bei sich, füllten sie und schleppten das Nass zu den Pfützen, die immer kleiner wurden. In der Verzweiflung pinnte Paul ein Schild mit einem Hilferuf an einen Baum. Und mit Kreide wurde ein Frosch auf einen weiteren Stamm gemalt, um andere Spaziergänger und Hundebesitzer auf die Notlage des Frosch-nachwuchses aufmerksam zu machen. Das haben viele Menschen gelesen und machten mit.
„Jedes Mal, wenn wir nun hierhin kamen, hatte sich etwas verändert“, berichtet Claudia Geisler. Eimer
und leere Glasflaschen standen plötzlich neben der Wimmel-pfütze, damit sich jeder Freiwillige um Wasser kümmern konnte. Dass der nahe Bach nicht die Erft ist, hat ein Ortskundiger mit Edding auf dem ersten Schild korrigiert – offenbar aber auch blaue Zeichen alle paar Meter aufgemalt, damit kein Wasserträger im Wald verloren geht. „Andere deckten die Pfütze mit einem Geflecht aus Ästen ab“, erzählt Paul. Doch all die Anstrengungen schienen vergebens.
„Mittlerweile hatte ich herausgefunden, dass es sich vermutlich um die Brut von Waldfröschen handelt, die in solchen Pfützen laichen“, erzählt Mutter Claudia. Dass die Tiere geschützt sein könnten, brachte die drei Retter in eine Bredoullie: Hieß das: Hände weg – von Amts wegen? „Wir haben uns dann entschieden, etwa 350 bis 400 Kaulquappen mit nach Hause zu nehmen.“Im Wasser aus der Pfütze – mit einem Baumstamm – ein Biotop in einer Plastikkiste.
Dort hatte es die Brut gut. „Wenn sie fressen, schwimmen sie auf dem Rücken und öffnen einfach ihr Maul“, sagt Paul. Fischfutter sorgte dafür, dass die Kaulquappen rasch wuchsen. Als Mutter und Söhne ein paar Tage im Sauerland verbrachten, meldete sich der daheim gebliebene Vater mit einem Hilferuf: „Die Kaulquappen springen plötzlich!“Es hatten sich Mini-frösche aus ihnen entwickelt, auf die nun ein Deckel kam. Seither geht es in umgekehrter Richtung zurück in den Wald. Die Pfützen sind wieder etwas mehr gefüllt. Es scheint ganz so zu sein, dass es in diesem Jahr eine leichte Überpopulation an Waldfröschen geben wird – in einem kleinen Wald bei Hülchrath.