Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bauern gegen Sündenbock-vorwurf
Auch Landwirte aus dem Rhein-kreis nahmen an der Trecker-demo in Bonn teil.
GREVENBROICH (wilp) Auf dem Weg zu einer Protest-kundgebung der Landwirte in Bonn schlängelten sich am Donnerstag Morgen etwa 100 Traktoren durchs Grevenbroicher Stadtgebiet. Die aus Richtung Korschenbroich kommende, etwa ein Kilometer lange Fahrzeug-schlange mit Schleppern aus Viersen und Krefeld wurde gegen 7.45 Uhr von der Kreispolizei übernommen.
Die zog eine positive Bilanz: „Alles ist ruhig verlaufen, es gab keinerlei Probleme“, resümierte Polizeisprecher Hans Kalinowski. Verkehrsstörungen habe es auf dem Weg über Kapellen, Wevelinghoven und die Bundesstraße 59 nicht gegeben.
Landwirte aus dem Rhein-kreis trafen sich am frühen Morgen an den Belmener Höfen. Mit insgesamt 13 Schleppern machten sie sich auf den Weg in die ehemalige Bundeshauptstadt, um sich dort mal ordentlich Luft zu verschaffen. Gegen Mittag hatten sich rund 300 Traktoren vor dem Bundesumweltministerium zu einer Demo versammelt.
Die Bauern forderten mit lautem Hupen und zahlreichen Plakaten den Rücktritt von Bundesumweltministerin Svenja Schulze. „Unser Berufsstand sieht sich zu Unrecht durch den Artenbericht ihres Ministeriums diffamiert“, sagt Maximilian Coenen (21) von den Belmener Höfen. „Wir werden darin quasi als die Alleinschuldigen für das Artensterben verantwortlich gemacht.“Dies könnten die Landwirte so nicht hinnehmen – denn: „Wir unternehmen enorm viel für den Natur- und Insektenschutz, legen etwa Ausgleichsflächen, Blüh- und Gewässerrandstreifen an“, so der junge Landwirt.
Eine weitere Kritik: Die Corona-krise habe gezeigt, dass eine stabile heimische Landwirtschaft für eine grundlegende Lebensmittelversorgung notwendig ist. „Wir liegen aktuell bei einem durchschnittlichen Versorgungsgrad von 80 Prozent, bei Getreide und Kartoffeln sogar über 100 Prozent“, sagt Maximilian Coenen. „Diese Zahlen müssen unbedingt aufrecht erhalten bleiben.“Durch immer neue Gesetze und Regelungen sehen die Bauern aber die Gefahr, „dass wir künftig noch stärker auf Lebensmittel aus dem Ausland angewiesen sein könnten“.
Kritik an Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner übt Coenen auch: Denn die habe erklärt, dass Getreide von Bienen bestäubt würden – „was nicht stimmt, denn das Bestäuben übernimmt der Wind“, so der 21-Jährige. Seine Forderung: Verantwortungsvolle Posten sollten mit Personen besetzt werden, die fachlich auf der Höhe sind.
Ganz unzufrieden kehrten die Bauern nicht auf ihre Höfe zurück. Das Umweltministerium will künftig einen ständigen Vertreter zu den Versammlungen der Vereinigung „Land schafft Verbindung“delegieren. „Da könnte sich was entwickeln“, hofft Coenen.