Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Weihnachts-schock für die Gastronomie
Wegen steigender Corona-infektionszahlen werden in Neuss fast alle größeren Weihnachtsfeiern abgesagt oder gar nicht erst geplant. Nach dem Lockdown steht der Gastronomie somit die nächste herausfordernde Zeit bevor.
NEUSS Wenn Michael Behrens einen Blick in die Reservierungen für das Jahresende wirft, dann verschlechtert sich seine Laune umgehend. Gut zwölf große Weihnachtsfeiern finden normalerweise in seinem „Okie Dokie“an der Hammer Landstraße statt. Doch in diesem Jahr ist wegen der Corona-pandemie alles anders. „Fast alle Feiern wurden abgesagt oder gar nicht erst gebucht“, sagt der Gastronom. Zwar dürfen Restaurants, Kneipen und Co. mittlerweile wieder öffnen, doch die aktuell wieder in die Höhe schnellenden Infektionszahlen lässt die Menschen offenbar davor zurückschrecken, Feiern mit einer größeren Personenzahl zu organisieren. „Es macht gerade einfach keinen Spaß. Auch mehrere Hochzeiten wurden in diesem Jahr schon abgesagt – und die harten Monate kommen
„Zwischen 80 und 90 Prozent der Weihnachtsfeiern in diesem Jahr werden abgesagt“
Thorsten Hellwig Dehoga-sprecher erst noch“, sagt Behrens. In den Sommermonaten habe man kurzzeitig überlegt, im großen Biergarten Musikevents zu veranstalten, sich im Endeffekt aber dagegen entschieden.
Das „Okie Dokie“ist bei Weitem kein Einzelfall, wie auch Thorsten Hellwig, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes NRW, weiß. „Stichproben haben ergeben, dass zwischen 80 und 90 Prozent der Weihnachtsfeiern in diesem Jahr abgesagt werden.“Zwei Faktoren spielten dabei eine besondere Rolle: Auf der einen Seite seien viele Menschen verunsichert ob der aktuellen Infektions-lage, auf der anderen Seite erschwerten immer neue rechtliche Vorgaben und verschärfte Schutzmaßnahmen die Planung, weil eine Veranstaltung kurzfristig abgesagt oder die Teilnehmerzahl reduziert werden kann.
Im Drusushof setzt man wegen der Absagen in der Weihnachtszeit „auf’s À-la-carte-geschäft“, wie Inhaber Alexander Bliersbach mitteilt. Dass in diesem Jahr bei ihm an der Erftstraße größere Weihnachtsfeiern stattfinden, könne er „nahezu ausschließen“.
Ein Hoffnungsschimmer für die Neusser Gastronomie ist das Winter-hilfspaket der Stadt, das vergangene Woche per Dringlichkeitsbeschluss geschnürt wurde. Damit können Gastronomen Geld – maximal 3600 Euro pro Antragsteller – beantragen, um ihre Außengastronomie
winterfest zu machen und somit durch ein verlängertes sowie attraktiveres Terrassen-angebot zusätzliche Einnahmen generieren zu können. Förderanträge können bis zum 15. Dezember gestellt werden.
Großes Lob für die Initiative gibt es unter anderem von Uwe Müller, Chef der Hafenbrasserie „Bohai“, auch wenn er nicht von dem Angebot Gebrauch machen werde: „Uns bringt es nichts, weil sich niemand bei 16 Grad und Regen unter einen Schirm setzt, um zu essen.“Für die Kneipen-szene sei das Hilfspaket interessanter. Absagen größerer Veranstaltungen sind aktuell auch für Müller „Tagesgeschäft“. Das habe sich bereits im Sommer abgezeichnet und setze sich jetzt mit Blick auf die Weihnachtszeit fort. Das Problem: Zwar sei sein Restaurant derzeit gut gebucht, das À-la-carte-geschäft sei jedoch nur halb so rentabel wie zum Beispiel eine Feier mit 100 Gästen, für die zuvor ein Pauschal-betrag vereinbart wurde. Die letzte größere Veranstaltung in seinem Haus sei eine Hochzeit mit 65 Gästen gewesen.
Karl Kehrmann vom Brauhaus „Im Dom“an der Michaelstraße stellt in diesen Tagen einen Trend fest. „Veranstaltungen über zehn Personen werden aktuell sehr kritisch gesehen, dort gibt es vereinzelt Absagen“, sagt der Gastronom. Kleinere Feiern unter dieser Personen-grenze hätten jedoch nach wie vor Bestand.