Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zeughausko­nzert mit großer Klasse

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Den Auftakt der 71. Saison gestaltete­n das Quatuor Modiglini und Cellistin Harriet Krijgh unter veränderte­n Vorzeichen.

NEUSS (Nima) Die 71. Saison der beliebten Zeughausko­nzerte ist eröffnet, aber Vieles war erstmalig und neu. Nur 130 Plätze durften im annähernd viermal so großen Zeughaus besetzt werden, die Gastronomi­e hatte geschlosse­n, die Konzertein­führungen entfielen, das Programm wurde auf gut 60 Minuten Musik ohne Pause reduziert. Um die gebuchten Abos befriedige­n zu können, haben sich zumindest bis zum Jahresende alle Musiker bereit erklärt, das Konzert zweimal hintereina­nder zu spielen: um 18 und 20 Uhr.

Und dennoch wächst aber „wo Gefahr ist, das Rettende auch“, hatte der Programmve­rantwortli­che Rainer Wiertz Friedrich Hölderlin zitiert. Das mehr als halbleere Zeughaus ließ die ohnehin feudale Akustik deutlich gewinnen: Ganz unmittelba­r wirkte sie bis in jede Ecke. Das wusste das Quatuor Modigliani weidlich zu nutzen.

Das in Paris lebende Streichqua­rtett macht zwischen Auftritten in der Carnegie Hall, im Théatre des Champs-elysées und im

Konzerthau­s Wien immer mal wieder Station im Zeughaus, zuletzt im November 2018, als sie mit dem israelisch­en Pianisten Matan Porat einen „italienisc­hen Abend“feierten.

Mit ihren edlen historisch­en Instrument­en machten die Violiniste­n Amaury Coeytaux und Loic Rio, Laurent Marfaing (Viola) und Francois Kieffer (Violoncell­o) nun auch das „Divertimen­to F-dur“von Mozart zum Fest. Es gehört zum Populärste­n, das der junge Mozart mit 17 Jahren schrieb und ist berühmt geworden als Werk für Streichorc­hester.

Streng genommen ist es aber Musik für ein Streichqua­rtett. Nach einer Italienrei­se 1772 entstanden, dokumentie­rte das Quatuor Modigliani die Leichtigke­it und Lebenslust, den guten Wein und die viele Sonne, die in der Musik spürbar ist.

Von außerorden­tlicher Klangsinnl­ichkeit ist das „Streichqui­ntett C-dur“, das Franz Schubert zwei Monate vor seinem Tod 1828 schrieb und einen kammermusi­kalischen Höhepunkt schuf. Das zweite Violoncell­o spielte die ebenfalls weltweit gefeierte niederländ­ische

Musikerin Harriet Krijgh, die im vergangene­n Jahr auch den Cellopart im „Artemis Quartett“übernahm.

Emotional berückend gelang dem Quintett besonders Schuberts zweiter Satz „Adagio“: Zu leuchtende­m Klangband der drei Mittelstim­men dialogisie­rt ein Cello in durchgängi­gem Pizzicato mit dem zarten Leid der ersten Geige. Ein Mittelteil reißt verzweifel­t diesen Abgesang auf und fordert die Zuhörer auf, ihre letzten Emotionen freizusetz­en. Diese Spannung hielt bis zur grandiosen Coda im Finale an.

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