Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Jung und Alt wollen frischen Wind im Rat
Sie ist erst 21, er bereits 71: Rebecca Borgwardt und Ewald Wörmann umrahmen vom Alter her den neuen Stadtrat.
GREVENBROICH Rebecca Borgwardt von den Grünen ist mit 21 Jahren das jüngste Mitglied im neuen Grevenbroicher Stadtrat. Christdemokrat Ewald Wörmann zählt 71 Lenze – und trägt damit die Würde der größten Lebenserfahrung. Zwischen den beiden liegt ein halbes Jahrhundert. Und doch haben sie eines gemeinsam: Sie wollen sich im Rat für Menschen engagieren, die ihrer Meinung nach in der Grevenbroicher Stadtpolitik bislang zu kurz kommen. „Ich meine, dass die Grevenbroicher Politik mehr für Frauen und für junge Menschen tun muss“, sagt Rebecca Borgwardt. „Ich denke, dass wir derzeit nicht genug tun, um den Bedürfnissen und Wünschen älterer Menschen gerecht zu werden“, gibt Ewald Wörmann zu bedenken.
Rebecca Borgwardt startet seit 2019 bei den Grünen durch. „Ich komme aus der Klimaschutzbewegung Fridays for Future“, berichtet sie. Nach dem Protest wollte sie den nächsten Schritt tun. „Nicht immer bloß meckern, sondern selbst etwas verändern.“Bei den Freitagsdemos hatte sie bereits erste Kontakte zu Grünen geknüpft. 2019 – vor der Europawahl. Bei den Grünen sind Mitgliederversammlungen offen für alle Interessierten. Rebecca Borgwardt ging einfach hin. Und noch während sie den Diskussionen lauschte, wurde ihr ein Aufnahmeantrag gereicht. Sie unterschrieb und durfte gleich mitabstimmen. Familie und Freunde hätten sie bei ihrem Einstieg in die Politik durchweg unterstützt; auch wenn sich der eine oder andere vielleicht gewünscht hätte, dass sie bei einer anderen Partei Fuß fasst. „Es war viel leichter, in die Politik hineinzukommen, als ich gedacht hatte“, sagt die 21-Jährige.
Und mit diesem jugendlichen Schwung ging es weiter: Voller Einsatz bei der Europawahl, aus der die nordrhein-westfälischen Grünen mit einem tollen Ergebnis hervorgingen. Und gleich anschließend: Gründung der jungen Grünen im Rhein-kreis. „Da saßen wir in einer Runde zusammen und mussten eine Satzung aufstellen, eine Organisation schaffen und einen Vorstand wählen.“Das war dynamisch. Es ging etwas voran. Und wieder setzte Rebecca Borgwardt wichtige Akzente.
Das machte sie beinahe automatisch zur Anwärterin auf einen grünen Listenplatz für die Kommunalwahl. Die 21-Jährige stutzte zunächst. Ob man lieber noch fünf Jahre warten und Erfahrungen sammeln soll? Aber zu zögern, das ist nicht so ihr Ding. Also trat sie in Elsen, ihrem Heimatquartier, als Direktkandidatin an und gelangte über einen Listenplatz in den neuen Grevenbroicher Rat. Dort fehlt eindeutig das weibliche Element. „Nur ein Viertel der Ratsleute sind Frauen.“Vielleicht könnte man ein Treffen aller Ratsfrauen organisieren, überlegt Rebecca Borgwardt. Wichtig sei, dass frischer Wind in den Rat hineinkomme.
Das würde vermutlich auch Ewald Wörmann unterschreiben. Seit 15 Jahren sitzt er als sachkundiger Bürger für die CDU in diversen Gremien. Er leitet seit langem die Seniorenunion von Gustorf – mit 126 Mitgliedern. Und Wörmann engagiert sich bei der Grevenbroicher Tafel. „Dass ich im neuen Grevenbroich Rat sitze, war für mich eine Überraschung“, gibt Wörmann zu. Den Wahlkreis hat er nicht gewinnen können. Aber der Listenplatz brachte ihn in Amt und Würden. Dort will er sich vor allem für die Senioren der Stadt einsetzen. Denn das habe er schon viel zu oft bei der Tafel erlebt: Ältere Menschen trauten sich oftmals nicht, ihnen zustehende Dinge in Anspruch zu nehmen.
Für seine Ratsarbeit hat sich Wörmann eine lange Liste an Themen vorgenommen. Die Neubaugebiete der Stadt will er im Blick behalten, sich für die Altenheime einsetzen. Den Lärmbeschwerden entlang der L116 möchte er Gehör verschaffen, „auch wenn das eine Landesstraße ist“. Und dann gilt es, das Industriegebiet Gustorf zu begleiten; „Vor allem bei der Verkehrsanbindung werde ich aufpassen, dass der Verkehr nicht durchs Dorf fließt.“Gibt es Berührungspunkte von Jung und Alt im neuen Rat? Vielleicht beim Schützenfest, sobald es wieder gefeiert werden kann. Denn das eint.