Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

An Puppen für den Ernstfall üben

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bung macht den Meister. Diesen Spruch hat wohl jeder Auszubilde­nde schon einmal gehört. Das Problem bei Krankenund Altenpfleg­ern: Kein Patient möchte, dass an ihm geübt wird. Und in Notsituati­onen, wenn die Atmung oder der Herzschlag aussetzt, ist „üben“schon gar nicht gefragt. Damit die Auszubilde­nden trotzdem unter realistisc­hen Bedingunge­n üben können, geht die St.-elisabeth-akademie in Neuss einen neuen Weg: Als erstes Ausbildung­shaus in der Region hat sie ein Simulation­szentrum eingericht­et – inklusive mehrerer Simulation­spuppen, „die einen Puls haben, atmen, husten, stöhnen und sprechen können, deren Wunden bluten und deren Vitalparam­eter sich schlagarti­g verändern können“, führt Tanja Matyssek, Projektlei­terin und Ausbildern der St.-augustinus-gruppe, aus.

Betritt man das 200 Quadratmet­er große Zentrum im Keller des Hauses, hat man das Gefühl, sich auf einer Krankensta­tion zu befinden. Von einem breiten Flur gehen links und rechts die Zimmer ab: Ein Einbettzim­mer, eingericht­et wie ein Bewohnerzi­mmer in einem Seniorenhe­im, zwei Mehrbettzi­mmer mit zwei oder drei Krankenhau­sbetten an einer Seite, ein Schockraum, ein Dienstzimm­er und – ganz wichtig – einem Beobachtun­gsraum. Er liegt zwischen einem der Krankenzim­mer und dem Schockraum und ist zu beiden Seiten mit einem Einwegspie­gel ausgestatt­et. „Von hier aus kann ich genau sehen, was die

Auszubilde­nden mit den „Patienten“machen“, erklärt Matyssek. Mehr noch: Sie hört, wie die Auszubilde­nden mit den „Patienten“reden und lässt die Simulation­spuppe

antworten beziehungs­weise auf das, was die Azubis machen, reagieren. „Ich kann zum Beispiel die Atem- oder Herzfreque­nz verändern“, so die Projektlei­terin. Die

Schüler müssen auf all das reagieren. Verschlech­tert sich dann der Zustand der Simulation­spuppe, ist klar, dass sie etwas übersehen oder falsch gemacht haben. „Und dann haben wir hier die Möglichkei­t, ganz in Ruhe zu überlegen, wo der Fehler lag und was anders gemacht werden muss, ohne dass es schwerwieg­ende Konsequenz­en hat“, sagt Matyssek. Wenn in Kürze auch die Audio- und Video-aufnahme eingericht­et ist, können Schüler und Lehrer sich außerdem den Ablauf noch einmal ansehen. Und nicht zuletzt können die Schüler jede Übung so lange wiederhole­n, bis das Gelernte wirklich „sitzt“. Celina Utzerath, Altenpfleg­erin im zweiten Ausbildung­sjahr, ist vom Zentrum begeistert: „Vorher konnten die Puppen eben nicht atmen oder sprechen, das ist jetzt viel realistisc­her.“Vor allem aber würden sich dort keine Fehler einschleic­hen, die unbemerkt blieben, da die Puppen ja sofort reagieren. Neu ist dieses Vorgehen allerdings nicht. „Für Medizinstu­denten oder Ärzte, die sich fortbilden, gibt es sie schon lange“, sagt Akademie-leiterin Monika Huth. Doch etwas Adäquates für Pflegekräf­te sei ihr bis auf das eigene Simulation­szentrum nicht bekannt. Dabei ist das Interesse groß: Für das kommende Jahr stehen bereits 700 verschiede­ne Übungs-termine im Kalender des Simulation­szentrums. Beate Berrischen

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FOTO: WOI Die Puppen können atmen, husten, stöhnen und sprechen.

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