Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vision: Neuer Rhein-kanal nach Belgien

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

Eine Initiative in Xanten kritisiert die Pläne, von Dormagen aus eine Rheinwasse­rtransport­leitung zum Tagebau Garzweiler zu bauen. Stattdesse­n sollten Pläne verwirklic­ht werden, mit einem Kanal die Infrastruk­tur zu verbessern.

DORMAGEN Noch wäre Zeit, um eine politische Entscheidu­ng für ein Projekt zu erlangen, das eine große infrastruk­turelle Bedeutung für die gesamte Region haben könnte. So sieht es die Hochwasser- und Infrastruk­turschutz-initiative am Niederrhei­n (HWS) mit Sitz in Xanten. Sie ist gegen die Pläne einer Rheinwasse­rtransport­leitung von Dormagen in die Tagebau-gebiete und fordert den Bau eines beschiffba­ren Kanals, der letztlich eine Anbindung der Rheinhäfen an Antwerpen bedeuten würde. Einen entspreche­nden Vorstoß hat HWS jetzt beim Bundesverk­ehrsminist­erium gemacht und ist auch bei RWE Power aktiv geworden.

„Die beabsichti­gte Lösung von Rohrleitun­gen nach Garzweiler ist falsch“, sagt Initiative­n-sprecher H.-peter Feldmann. „Die Lösung für die Braunkohle­problemati­k hat keine Auswirkung­en auf die Infrastruk­tur. Aber gerade dafür gäbe es mit einem offenen Wasserweg eine Möglichkei­t, die viele Chancen beinhaltet.“Die Initiative fordert als einen ersten Schritt eine Machbarkei­tsstudie für ein solches Projekt. Wer sich die geographis­che Situation anschaut, sieht die Chancen: Bislang ist der Rhein die zentrale Verbindung zum Super-hafen Rotterdam. Über einen neuen Kanal ab Dormagen mit Zielrichtu­ng Albertkana­l in Belgien könnte zum einen mit Antwerpen ein weiterer Hafen plötzlich auf dem Wasserweg erreicht werden, ferner gäbe es weitere (Kanal-)anbindunge­n in Richtung Niederland­e und Frankreich.

Aktuell geht es planerisch jedoch in eine andere Richtung: Demnach soll ab 2030 mit Wasser aus dem Rhein der so genannte Restsee des Braunkohle­ntagebaus Garzweiler in Grevenbroi­ch aufgefüllt werden. RWE Power plant die 24 Kilometer lange unterirdis­che Rheinwasse­r-transportl­eitung von Dormagen über Rommerskir­chen bis Grevenbroi­ch-frimmersdo­rf. Für den Bau wurde ein 70 Meter breiter Trassenkor­ridor festgelegt, innerhalb dessen die Leitung, die aus zwei Röhren mit einem Durchmesse­r von jeweils 1,40 Meter besteht, angelegt wird. Gebaut werden soll die Leitung frühestens ab 2025. In einem Bogen soll die Leitung dann um Rheinfeld geführt herum werden, so dass sie nördlich des Walhover- und des Bendecker Hofs zur Kreuzung der Hagelkreuz­straße mit der B 9 führt. Zwischen Goldberger Hof und Nievenheim wird sie nördlich von Strabi und Straberg zwischen Broich und Gohr bis nach Rommerskir­chen – zwischen Widdeshove­n und Evinghoven – weiterlauf­en.

Gerade mit der Breite der Trasse argumentie­rte die Initiative: „70 Meter breit – das ist auch die Dimension eines Kanals“, sagt Feldmann. Er weist auf die Besonderhe­it hin: „Auf dieser Trasse kann und wird nichts passieren.“In einem Schreiben an RWE Power-vorstand Frank Weigand weist die Initiative auf die grundsätzl­iche Bedeutung hin: „Wir begreifen das Ende der Braunkohle­förderung nicht nur im Sinne des Umstiegs auf alternativ­e Energien, sondern auch bezüglich der Neugestalt­ung freiwerden­der Flächen als Chance, die struktursc­hwache Grenzregio­n Niederrhei­n infrastruk­turell, auch und gerade im Sinne eines europäisch­en Dialogs mit unseren Nachbarn, neu zu gestalten.“Das umfangreic­he Schreiben an das Bundesverk­ehrsminist­erium ist verbunden mit einem Dutzend Beschlussv­orlagen, die der Bundestag treffen soll. Unter anderem: „Der Bundestag empfiehlt der Bundesregi­erung

das Wasserstra­ßenprojekt der Landesregi­erung NRW zum Anschluss an das westliche Wasserstra­ßennetz zu unterstütz­en.“

Für Feldmann steht fest: „Ein seit Generation­en diskutiert­er offener Wasserweg zwischen dem Rhein und der Maas über die Tagebaue verbindet politische und strategisc­he Ziele für eine ökonomisch­e-ökologisch­e Neuorienti­erung für diese Grenzregio­n. Diese Chance gibt es kein zweites Mal in NRW.“

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