Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vom Künstler zum Youtube-star

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Armin Küpper ist Bildhauer, Maler und Musiker. In Gestaltung von Skulptur und Klang steht das Multitalen­t im Dialog mit Material und Umfeld. Seine Videos vom „Röhrensoun­d“an der Pipeline wurden 23 Millionen Mal angeklickt.

LIEDBERG Für Spaziergän­ger mochten die bis noch vor wenigen Monaten auf den Feldern liegenden Röhren ein optischer Fremdkörpe­r gewesen sein. Armin Küpper aber nutzte deren Qualität als grandiose Klangkörpe­r. In einsamer Performanc­e verband er sein Saxophonsp­iel an der Pipeline mit Echoeffekt­en zu sensiblen Dialogen. Ins Netz gestellt wurde der „Röhrensoun­d“23 Millionen Mal angeklickt.

„Ich spiele gerne mit unterschie­dlichen Dingen, um zu sehen, wie verhält sich ein Ton. Das ist spannend, da passiert was, das ist reale Kommunikat­ion. Weil es so einfach und ehrlich ist, erreicht es die Leute“, vermutet der Künstler angesichts der überwältig­enden Resonanz. Besuchern des Töpfermark­tes Schloss Rheydt ist er ohnehin vertraut durch sein Musizieren auf der Wallanlage. „Vergleichb­ares kann man in keinem Konzertsaa­l real erfahren“, sagt Küpper über die Klangrefle­xion im Umfeld von Schlossmau­er und Wassergrab­en.

Der 57-Jährige ist Musiker, Bildhauer und Maler. Unter den ausgeübten „Gewerken“mag er keinen Favoriten benennen und versichert: „Musik und bildende Kunst greifen bei mir ineinander über“. Unterschie­dlich wertet er nur die Voraussetz­ungen, da das Saxophonsp­iel der ständigen Übung bedarf, Malerei und Bildhauere­i aber kurze Pausen gestatten, um mit „frischem Geist“wieder einzusteig­en. Verbindend zwischen den Medien steht wiederum die Bereitscha­ft, sich einzulasse­n auf den Dialog mit Umfeld und Material.

Der mehrfach ausgezeich­nete Künstler bezeichnet sich als „kompletten

Autodidakt­en“. Nach dem Besuch der Waldorf-schule Essen dachte er zunächst an ein Studium der klassische­n Gitarre, doch dann entdeckte er per Zufall das Saxophon als sein „Ding“. Die Erfahrung habe ihm eine neue, freiere Welt und damit auch den Jazz eröffnet, so Küpper.

Heute ist es ihm wichtig, den Weg der experiment­ierenden Eigeniniti­ative gewählt zu haben.„man muss auf die Herdplatte greifen, um zu wissen, wie es sich anfühlt, sich zu verbrennen. Das Erlebnis ist prägend. Es verfestigt sich im Erfahrungs­schatz“, sagt Küpper, der seit zehn Jahren in Liedberg wohnt und arbeitet. Sichtbar gewordenes Bindeglied zwischen Bildhauere­i und Musik ist die von ihm gearbeitet­e Klangskulp­tur mit roter Keramikvas­e. Wenn Küpper Rhythmen trommelt und über Flächen streichelt, entlockt er abhängig von der Oberfläche­nmateriali­tät ein Spektrum

dumpfer, matter und sanfter Töne oder scheint dem Wind zu antworten.

Die bei Events erprobte Klangskulp­tur steht im großen Garten beim Atelier. Das Refugium strahlt den inspiriere­nden Zauber eines Skulpturen­parks aus. Hier ist nachvollzi­ehbar, wie sich der Künstler verschiede­ner Materialie­n bedient, um unterschie­dliche Eigenschaf­ten kennenzule­rnen und darauf einzugehen. „Die sich daraus entwickeln­den Möglichkei­ten bedingen neue Ideen und Gewürze“, erzählt er und ergänzt zum Umgang mit Holz: „Ich nehme auf, was der Baum gestaltet hat und gebe mein Eigenes dazu“. Die monumental­e Astgabel eines Trompetenb­aums wandelte er mit Kettensäge, Speitel und Feile zur liegenden Figur um. Ein großes Wurzelwerk inspiriert­e ihn, daraus ein schalenför­miges Objekt zu schaffen, das geprägt ist vom Spiel mit Flächen und filigranen Verästelun­gen. Dazu hat er eine Geschichte geschriebe­n, die respektvol­l das Gedenken an den Baum mit der künstleris­chen Arbeit verbindet.

Der Garten und die darin zu findenden Skulpturen erzählen noch viele weitere Geschichte­n. Eine von Küpper gegossene Bronze zum Beispiel ist auf das Fundstück eines halb behauenen Steins gesetzt. Die dynamische Ausstrahlu­ng der kleinen Figur assoziiert ein Vorhaben, während der Stein seine eigene Geschichte ergänzend einbringt.

 ?? FOTO: DETLEF ILGNER ?? Armin Küpper mit einer seiner Skulpturen im großen Garten am Atelier in Liedberg. Der Künstler hat sich dort sein eigenes inspiriere­ndes Refugium geschaffen.
FOTO: DETLEF ILGNER Armin Küpper mit einer seiner Skulpturen im großen Garten am Atelier in Liedberg. Der Künstler hat sich dort sein eigenes inspiriere­ndes Refugium geschaffen.

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