Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Berchtesga­dener Land im Lockdown

Die Menschen stehen dennoch weiter hinter Ministerpr­äsident Markus Söder.

- VON PATRICK GUYTON

MÜNCHEN Im Landkreis Berchtesga­dener Land ließe sich derzeit ein goldener Herbst genießen. Doch wer sich als Tourist in der Region aufhält, muss abreisen. Es herrscht wegen der drastische­n Corona-ausbreitun­g ein faktischer Lockdown – erstmals wieder seit dem 16. März. Der örtliche Tourismusv­erband schätzt die Zahl der Gäste, die in der Gegend teils die Herbstferi­en verbringen wollten, auf knapp 2500. Am Montagaben­d hatte die Sieben-tage-inzidenz nach Angaben der bayerische­n Agrarminis­terin Michaela Kaniber (CSU) bei 272,8 gelegen. Die Zahl der Corona-infektione­n ging durch die Decke und war mehr als fünf Mal so hoch wie bei der höchsten Warnstufe und der Ausrufung zum Risikogebi­et (ab 50 Neuinfekti­onen innerhalb von sieben Tagen pro 100.000 Einwohner).

Nun geht in dem Landkreis nicht mehr viel: Restaurant­s und Hotels sind zu, Schulen und Kitas geschlosse­n, es gibt nur eine Kinder-notbetreuu­ng. Außer Gottesdien­sten sind keine Veranstalt­ungen erlaubt, Theater, Bibliothek­en und Bordelle stellen neben vielen anderen Einrichtun­gen den Betrieb ein. In größeren Orten gilt die Maskenpfli­cht auch im Freien. Geöffnet haben weiterhin Lebensmitt­elläden und Apotheken.

Der Landrat Bernhard Kern (CSU) spricht von einem „diffusen Infektions­geschehen im gesamten Landkreis“, das unterbunde­n werden müsse. Er appelliert an die Bürger, sich an die Vorgaben zu halten: Es gilt eine Ausgangssp­erre für die Bevölkerun­g, außer bei „triftigen Gründen“wie etwa der Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen von Lebensmitt­eln. Sport ist draußen nur allein erlaubt. Bei Verstößen drohen Geldbußen von bis zu 25.000 Euro.

Der Lockdown dauert vorerst bis einschließ­lich 2. November.

Wie konnte es in dem Landkreis zu dem extremen Anstieg kommen? Durchgängi­g erklären lässt sich das nicht. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) spricht davon, dass die „Nähe zu Österreich sehr stark“sei. An die Nachbarn richtet sich jetzt der Appell des Landrats, den Landkreis derzeit nicht zu besuchen. Söder nennt eine weitere mögliche Ursache: „Ausgangspu­nkt war auch wieder eine entspreche­nde Party.“Um was es sich dabei konkret handelt, ist nicht bekannt.

Trotz des rigorosen Anti-corona-kurses von Söder hat Bayern bundesweit die meisten Infektione­n, jedoch dicht gefolgt von NRW und Baden-württember­g. In 57 der 96 bayerische­n Städte und Landkreise liegt der Inzidenzwe­rt derzeit über 35, in 29 gar über 50. Als eine Ursache wird erneut auf die langen Außengrenz­en verwiesen zu Österreich und Tschechien. Söders Kurs und die Entwicklun­g haben seinem Ansehen bislang nicht geschadet: Die große Mehrzahl der Bayern unterstütz­t seine Politik weiterhin, wenngleich die Zustimmung etwas abgenommen hat.

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Polizisten patrouilli­eren durch Berchtesga­den.

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