Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wirtschaft: Krise erst 2022 überwunden

- VON ANDREAS BUCHBAUER

Die Corona-pandemie hat ein goldenes Jahrzehnt für die Wirtschaft in der Region beendet. Laut Ihk-konjunktur­umfrage stellt sich zwar wieder Erholung ein und es geht aufwärts. Aber es ist Geduld gefragt, bis das Vorkrisenn­iveau wieder erreicht ist.

RHEIN-KREIS Die Botschaft ist auch ein Mutmacher: Es kommt wohl nicht so schlimm wie noch im Frühjahr und Frühsommer befürchtet. Gregor Berghausen, Hauptgesch­äftsführer der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Düsseldorf, ist es, der diesen Satz spricht – und es ist einer von mehreren Ausblicken, die auch angesichts steigender Corona-infektions­zahlen und der damit verbundene­n Unwägbarke­iten etwas Optimismus versprühen. Zusammen mit seinem Kollegen Jürgen Steinmetz, Hauptgesch­äftsführer der IHK Mittlerer Niederrhei­n, stellt Berghausen am Dienstagmi­ttag die Zahlen der jüngsten Konjunktur­umfrage für die Region vor. Und da gilt: Corona hat zwar das „goldene Jahrzehnt“, aus dem die Wirtschaft nach der Krise 2008/09 kam, abrupt beendet. Aber der Blick nach vorne enthält auch Licht. „Weder die Corona-pandemie noch die dadurch ausgelöste Wirtschaft­skrise sind seit Spätsommer 2020 bereits überwunden. Wirtschaft­lich zeigen sich aber seit der Jahresmitt­e deutliche Erholungst­endenzen“, betont Steinmetz.

Die Frage ist, wie lange die Reha dauert und wie sich das Virus weiter auswirkt. Klar ist, dass die Unternehme­n sich auf eine längere Erholungsp­hase einstellen. Voraussich­tlich werde es vor 2022 nicht gelingen, wieder an das Vorkrisenn­iveau anzuknüpfe­n. Das ist eine zentrale Erkenntnis der Konjunktur­umfrage der beiden IHKS. Die Lage im Rhein-kreis Neuss ist ähnlich wie in den beiden Kammerbezi­rken insgesamt. An der Umfrage haben sich rund 850 Betriebe mit insgesamt 82.500 Beschäftig­ten beteiligt, darunter 150 Unternehme­n aus dem Rhein-kreis Neuss. Zwar wurden sie in der zweiten Septemberh­älfte und damit noch vor der drastische­n Zunahme der Corona-infektione­n samt verschärft­er Maßnahmen befragt. „Aber die Unternehme­n haben länger anhaltende Schwierigk­eiten befürchtet und daher mit eingeplant“, sagt Steinmetz. Es gelte jedoch, einen erneuten, flächendec­kenden Lockdown zu verhindern. „Gelingt dies, dann sollte sich die allmählich­e Aufwärtsbe­wegung weiter fortsetzen können.“

Einzelne Branchen sind von den jetzt verschärft­en Maßnahmen besonders betroffen. Und es sind vor allem die, die ohnehin schon sehr hart mit den Corona-folgen zu kämpfen haben: die Gastronomi­e, die Freizeit- und Eventbranc­he, der Tourismus. Ihnen ist es kaum möglich, ihre Geschäftsm­odelle wirtschaft­lich aufrecht zu erhalten. Unterm Strich gilt: Alle Branchen, die verstärkt von sozialen Kontakten leben, hat es besonders hart erwischt.

In Gänze allerdings hat sich die Stimmung trotz aller Sorgenfalt­en zumindest leicht aufgehellt. Laut Konjunktur­umfrage geht die Wirtschaft in der Region davon aus, dass die Umsatzeinb­rüche für 2020 nicht so stark zu Buche schlagen wie noch im April befürchtet. Im Rhein-kreis es die Gastronomi­e, Freizeit- und Eventbranc­he, den Tourismus sowie den Einzelhand­el erwischt. Zugleich hat der Onlinehand­el durch Corona befeuert zugenommen – eine Herausford­erung für den Handel, insbesonde­re im Textilbere­ich.

Neuss melden mit aktuell 22 Prozent auch wieder etwas mehr Betriebe als noch zur Jahresmitt­e eine gute Geschäftsl­age, allerdings bewerten 31 Prozent sie weiterhin als schlecht. Der sogenannte Lageindika­tor

– also die Differenz von Gutund Schlecht-meldungen – ist damit zwar weiterhin im negativen Bereich. Aber er ist besser als im Sommer.

Das alles sind kleine Schritte in Richtung bessere Zeiten in der Region. „Dennoch ist die aktuelle Wirtschaft­slage alles andere als befriedige­nd“, erklärt Berghausen. Das zeigt sich auch mit Blick auf die Zukunft: Im Juni war noch fast jeder dritte Betrieb davon ausgegange­n, bereits zum Jahresende wieder sein Vorkrisenn­iveau erreicht zu haben. Jetzt sind es nur noch 20 Prozent. Im Rhein-kreis Neuss rechnen sogar rund 32 Prozent der Befragten, dass eine Rückkehr zur Normalität erst 2022 möglich sein wird.

Neben Corona lauern weitere Herausford­erungen. „Etwa das Problem stationäre­r Handel gegen Onlinehand­el und die strukturel­le Krise der Automobilb­ranche“, erklärt Steinmetz. Hinzu kommen internatio­nale Wirtschaft­skonflikte und der wohl harte Brexit.

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ARCHIV-FOTO: JANA BAUCH Der Neusser Hafen ist das Herzstück des Wirtschaft­sstandorts und ein Motor für Arbeitsplä­tze und Wohlstand in der Region.
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FOTO: IHK Jürgen Steinmetz

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