Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kleiderstube akut von Schließung bedroht
Ein Herrenanzug für drei Euro, eine Lederjacke für fünf Euro und ein Mantel für vier Euro: In der Kleiderstube der Pfarre St. Andreas hängt und liegt Garderobe zum Schnäppchenpreis bereit – zwar alles gebraucht, aber sauber und gut erhalten. Seit 40 Jahren gibt es die Kleiderkammer in der Nähe der Pfarrkirche – jetzt aber könnte diese lange Tradition zu Ende gehen: Anfang des Jahres haben sich die fünf ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen darauf geeinigt, dass Ende 2020 für sie endgültig Schluss ist – und Nachfolger sind noch nicht in Sicht.
„Wir sind alle 80 Jahre oder älter – da geht uns das nicht mehr so leicht von der Hand“, sagt Paula Enzi (80) aus Norf, die bereits seit 25 Jahren ehrenamtlich in der Kleiderstube an der St.-andreas-straße 31 tätig ist. Zum Team gehören neben ihr noch Helene Hartmann (80), Brigitte Krämer (85), Inge Witzke (80) und Luise Rommerskirchen (83). Alle fünf haben Haus und Garten zu versorgen und sind gefragte Ansprechpartnerinnen für ihre vielen Enkel und Urenkel. Da bleibe einfach keine Zeit mehr für die Kleiderstube.
„Der Entschluss, hier aufzuhören, ist uns nicht leicht gefallen“, betont Paula Enzi, denn die Kleiderstube
liege dem ganzen Team sehr am Herzen. Daher würden sie das ehrenamtliche Projekt mit langer Tradition auch gerne in gute Hände weitergeben. „Wenn wir niemanden finden, muss die Einrichtung
Ende des Jahres leider geschlossen werden“, bedauert Paula Enzi.
Wegen der Corona-pandemie wurde die Kleiderstube, die in zwei Kellerräumen untergebracht ist, allerdings schon seit dem Frühjahr nicht mehr geöffnet. Zuvor konnte immer dienstags von 15.30 Uhr bis 17 zum kleinen Preis eingekauft werden – abgesehen von den Schulferien. „Hier war immer einiges los“, sagt Helene Hartmann, die für die Kasse zuständig ist. „Über gute Einnahmen haben wir uns immer richtig gefreut“, berichtet sie, denn das Geld ist komplett für einen guten Zweck bestimmt und geht an die Caritas. Ihre „besten Kundinnen“seien Pflegekräfte aus Polen oder Russland, die für einige Monate in Deutschland tätig sind und bei der Rückkehr günstige Kleidungsstücke für ihre Familien mitnehmen würden.
Auch außerhalb der Öffnungszeiten haben die fünf Frauen in der Einrichtung zu tun: Ab und zu müssen Fußböden und Treppe gereinigt und die Regale ausgewischt werden. Der Bestand werde ebenfalls regelmäßig durchgesehen. Neuzugänge, die schmutzig oder löchrig sind, werden aussortiert und an das Rote Kreuz weitergeleitet. „Für einen ist das zu viel Arbeit“, sind sich die Damen sicher, denn „es wird ja auch mal jemand krank.“Daher sollten es am besten vier Personen sein, die ihnen im Amt nachfolgen. Wer sich für die Aufgabe interessiert, kann sich im Pastoralbüro in Weckhoven unter 02131 528 1500 oder per E-mail unter pastoralbuero@apostelpfarren.de melden. Kleiderspenden werden derzeit wegen der Pandemie nicht angenommen.
Christine Sommerfeld