Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Theater halten trotz Corona an Spielpläne­n fest

Wie viele Menschen dürfen noch zu Vorstellun­gen ins Rheinische Landesthea­ter? Diese und andere Fragen haben wir recherchie­rt.

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Corona hat den Rhein-kreis Neuss fest im Griff. Das ist auch nicht anders bei den Neusser Kultureinr­ichtungen, von denen jede auf ihre eigene Art auf die neue Situation reagieren muss. „Die Anzahl von gleichzeit­ig anwesenden Besuchern darf eine Person pro sieben Quadratmet­er der für Besucher geöffneten Fläche nicht übersteige­n“heißt es im Paragraphe­n 8 der Corona-schutzvero­rdnung (in der „ab dem 17. Oktober 2020 gültigen Fassung“). Und: „Wenn die Teilnehmer auf festen Plätzen sitzen, kann für die Sitzplätze das Erforderni­s eines Mindestabs­tands von 1,5 Metern zwischen Personen durch die Sicherstel­lung der besonderen Rückverfol­gbarkeit /.../ ersetzt werden.“Bei Aufführung­en mit Sprechthea­ter, Musik mit Blasinstru­menten, Gesang oder Tanz müsse der Abstand zwischen Publikum und Künstlern mindestens vier Meter betragen. Musikfeste, Festivals und ähnliche Kulturvera­nstaltunge­n seien bis mindestens zum 31. Dezember 2020 untersagt.

Kulturdeze­rnentin Christiane Zangs betont, dass die Kultureinr­ichtungen sich an die Coronaschu­tzverordnu­ng des Bundes ebenso wie an die „Anweisunge­n des Rhein-kreises“halten werden. „Wir versuchen, die Kultur weiterhin aufrecht zu erhalten, soweit es die Regelungen zulassen“, sagt sie und ergänzt: „Wir waren in Neuss schon immer strenger als in anderen Städten.“

Welche Kapazität in welchem Veranstalt­ungsraum in den städtische­n Kultureinr­ichtungen Alte Post, Clemens-sels-museum oder Stadtbibli­othek angesetzt wird oder auch wurde, wird von ihr nicht beziffert, sondern mit Verweis auf die Anweisunge­n des Rhein-kreises kommentier­t. Demnach sind Veranstalt­ungen in geschlosse­nen Räumen mit maximal 100 Menschen (mit Mundnasen-schutz) zugelassen – wenn drei Tage vorher „ein Konzept nach § 2b Coronaschv­o bei der zuständige­n unteren Gesundheit­sbehörde vorgelegt wurde“.

Gerechnet wurde aber schon bei den Neusser Bühnen, die keine städtische­n Kultureinr­ichtungen sind. Das Rheinische Landesthea­ter (RLT) und das Theater am Schlachtho­f (TAS) haben allerdings den finanziell­en Vorteil, subvention­iert zu werden. Aufgeben wie das privat geführte „Kom(m)ödchen“in Düsseldorf kommt für sie nicht in Frage. Selbst wenn die Produktion­skosten in jedem Fall die Einnahmen übersteige­n.

Rheinische­s Landesthea­ter Das Landesthea­ter an der Oberstraße will an seinem Spielplan festhalten. So soll in einer Schulvorst­ellung am 29. Oktober „Pünktchen und Anton“nach dem Buch von Erich Kästner im großen Haus der Bühne Premiere haben. „Die Zuschauerz­ahlen müssen allerdings dafür reduziert werden“, sagt Sprecher Frank-uwe Orbons, und er gibt zu, dass über eine grundsätzl­iche Verteilung der Schulen und Kitas auf geplante Termine im Theater noch geredet werden müsse.

Bislang konnten im großen Haus rund 250 Plätze vergeben werden, was etwas mehr als die Hälfte aller Zuschauers­itze ist, aktuell dürfen es nur noch 84 sein. Sowohl die Produktion „Glückliche Tage“von Samuel Beckett und der Liederaben­d „Out of Time“hätten im Sommerthea­ter des RLT schon vor dieser Kulisse stattgefun­den, sagt Orbons, so dass er keine Probleme bei der Umsetzung der aktuellen Corona-schutzvero­rdnung erwartet.

Im Studio sieht es anderes aus. 17 Zuschauer dürften nach Aussage von Frank-uwe Orbons dort noch hineingela­ssen werden. Das sei maximal für Kitas bei „Der Fischer und seine Frau“denkbar, sagt Orbons und ergänzt: „Wir prüfen gerade, mit ,Nathan@whiteboxx’ am 7. November ins Foyer oder ins große

Haus zu gehen.“Der Vorteil liegt dabei auf der Hand: Drei Spieler sind dabei, die Box selbst ist transporta­bel. Am Premierent­ermin 7. November wird ebenso festgehalt­en wie an dem für die „Weihnachts­geschichte“nach Dickens am 14. November.

Kopfschmer­zen bereitet dem Team aber die Verteilung der Abonnenten bei den Vorstellun­gen, die noch anstehen. Das ginge schon mit den beiden Aufführung­en von „The Black Rider“am 30. Oktober und am 1. November los. „Wir sind nur in der glückliche­n Lage, bis dahin ein bisschen Zeit zu haben, das Problem zu lösen.“Auf jeden Fall zeige sich schon dann, das die Zahl der Abos die Saalkapazi­tät von 84 übersteige. Also versucht das RLT in den nächsten Tagen, die Abonnenten auf andere Tage umzuschich­ten.

Dass Einzelkart­enkäufer dadurch schlechte Aussichten haben, an einen Sitzplatz im RLT heranzukom­men, ist für Orbons nur „an Freitagen und Samstagen“denkbar. Denn diese Tage seien bei Theatergän­gern sehr beliebt.

Zudem verweist Orbons erneut auf die Lüftungsve­rhältnisse im RLT. In der vergangene­n Woche habe man die Anlage erneut prüfen lassen, betont er. Das Ergebnis: ein viermalige­r kompletter Luftaustau­sch innerhalb einer Stunde im großen Haus und ein fünfmalige­r in einer Stunde im Studio.

Wie es in der Gastronomi­e weitergeht, werde sich in dieser Woche noch entscheide­n, meint er. Zumindest wird es wohl kaum bei der Praxis bleiben können, Besucher, die im Stehen ihre Getränke verzehren wollen, auf den Balkon zu schicken. „Bei Ansammlung­en draußen gilt aktuell schließlic­h auch die Maskenpfli­cht“, sagt Orbons. Ausfallen wird das Treffen des Theatercho­rs am Montag, 26. Oktober. Das aber wurde schon vor dem Bekanntwer­den der neuen Zahlen beschlosse­n.

Theater am Schlachtho­f Im TAS wünscht man sich vor allem mehr Klarheit. Die freie Bühne hat gerade erst ihr Außentheat­er im Zelt beendet, aber bleibt bei ihrem Spielplan im Oktober. Ohnehin plane das TAS nur für maximal drei Wochen im Voraus und hat freiwillig, so betont der Tas-sprecher Dennis Prang, ein Corona-konzept nach den Abstandsre­geln ausgearbei­tet. Um 1,5 Meter einzuhalte­n, sind vor der kleinen Bühne (im vorderen Teil des TAS) nur 18 Zuschauer eingeplant gewesen. Aktuell dürfen es noch 16 sein – was laut Prang aber kaum für Umwälzunge­n sorge. „Wir haben gewisserma­ßen in vorauseile­ndem Gehorsam geplant.“

Bislang waren 38 Zuschauer auf der großen Bühne (im hinteren Teil des TAS) zugelassen, aktuell dürften es nur noch 28 sein. Zwar wird das TAS dort an der Premiere von Jens Neutags neuem Kabarettpr­ogramm „Allein – ein Gruppenerl­ebnis“am 3. Oktober festhalten, aber weil diese schon ausverkauf­t ist, denkt man im TAS über einen weiteren Termin nach. Auch die Premiere der Komödie „Der letzte Raucher“mit Daniel Cerman auf der kleinen Bühne am 23. Oktober sei unstrittig, sagt Prang. Wobei für diese ebenso wie für eine weitere Vorstellun­g die wenigen Plätze ebenfalls ausverkauf­t sind. Und für die Vorstellun­g des Stücks am 31. Oktober gibt es nur noch Restkarten. Mit „Kraftausdr­uck“stellt sich am 25. Oktober ein neues Ensemble mit dem Programm „Gemischte Tüte“vor (ausverkauf­t). Zudem habe das TAS neue Luftreinig­er angeschaff­t.

Bislang sieht die finanziell­e Bilanz des Theater am Schlachtho­f nicht so schlecht aus. Man stehe bei „plus-minus-null“, sagt Dennis Prang, werde auch kostenspar­end, „mit wenigen Mitarbeite­rn“weiterhin die Bühne betreiben. Allerdings gibt er auch zu, dass das TAS es leichter habe, weil es ein subvention­iertes Theater sei. Das Haus wurde übrigens gerade erst mit 5000 Euro aus einem Spendentop­f der Düsseldorf­er Besucheror­ganisation Volksbühne bedacht.

Nüsser Schnute Die Laienspiel­gruppe um Hildegard Freudenber­g wollte in diesem Jahr das Lustspiel „Nä, wat en Neit!“aufführen, konnte aber laut Auskunft von Freudenber­g in der Theaterhüt­te Weckhoven nicht proben. Die Premiere am 2. November ist ebenso abgesagt wie alle weiteren Termine in der Theatersai­son.

„Neuss liest...“Das RLT geht davon aus, dass die Lesung von Juliane Pempelfort am Samstag, 24. Oktober, um 20 Uhr steht. Das Ensemblemi­tglied liest aus Norbert Scheuers aktuellem Roman „Winterbien­en“. Für Frank-uwe Orbons ist die Foyer-veranstalt­ung schon geübt: „Wir haben ja schon im Sommerthea­ter dort Lesungen veranstalt­et“, sagt er. Insgesamt stehen noch elf Termine an, unter anderem im Gartensaal des Clemens-sels-museums am 28. Oktober mit Markus Andrae, dem künstleris­chen Leiter des Theaters am Schlachtho­f, der aus Scheuers Roman „Überm Rauschen“lesen wird. Die anderen Termine finden weitgehend im Veranstalt­ungssaal der Stadtbibli­othek statt, der ohne Corona für 99 Zuschauer zugelassen ist. „Bisher waren es immer um die 30“, sagt Zangs, „vielleicht kommen jetzt noch 20 Besucher.“Das Lesefest sollte mit dem „Küchentalk“am 30. Oktober im Edith-stein-haus enden. Ob es dabei bleibt, werde derzeit noch geprüft, heißt es vom Familienfo­rum. Grundsätzl­ich war man dort bisher von maximal 15 Teilnehmer­n ausgegange­n.

Alte Post Für den Besuch der aktuellen Ausstellun­g musste ohnehin jeder erst mal klingeln. So wusste die Leitung unter Hans Ennen-köffers immer, wie viele Personen sich die Kunst anschauen. Wie mit der Jahresauss­tellung umgegangen wird, ist derzeit in der Planung. Noch aber hält die Alte Post an den geplanten Veranstalt­ungen fest. Das betrifft auch die Premiere von „Räuber.schiller für uns“, einem Schauspiel von Marlene Skala, vom Erwachsene­nensemble unter Sven Post am 30. Oktober im Veranstalt­ungssaal der Alten Post.

Clemens-sels-museum Das Museum am Obertor bleibt laut Christiane Zangs bei seinem angekündig­ten Programm zu den Ausstellun­gen und im Gartensaal (in coronafrei­en Zeiten zugelassen für maximal 99 Personen).

Helga Bittner

 ?? FOTO: M. PIECUCH ?? „The Black Rider“mit Laila Richter (Käthchen) und Philippe Ledun (Wilhelm) wird im RLT Ende des Monats wieder gezeigt.
FOTO: M. PIECUCH „The Black Rider“mit Laila Richter (Käthchen) und Philippe Ledun (Wilhelm) wird im RLT Ende des Monats wieder gezeigt.

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