Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mondlandun­g für Verstorben­e

- VON CAROLIN STRECKMANN

Im Fluss, im Meer, unter einem Baum und nun auch auf dem Mond – Neusser Bestatter bieten ungewöhnli­che Möglichkei­ten für die letzte Ruhestätte an. Anna Lutter organisier­t zurzeit ihre erste Weltraumbe­stattung.

NEUSS Da bekommt der Ausdruck „jemanden auf den Mond schießen“eine ganz andere Bedeutung. Im Juli kommenden Jahres soll vom Nasa-gelände in den USA eine Rakete starten, die unter anderem fahrbare Roboter und Wikipedia-inhalte zum Mond transporti­ert. Mit dabei wird auch die Asche von Verstorben­en sein, die auf dem Himmelskör­per ihre letzte Ruhe finden wollen. Darunter ist das deutsche Ehepaar Irmgard und Karlheinz S.

Anna Lutter organisier­t die ungewöhnli­che Bestattung für die beiden Verstorben­en. Dafür arbeitet sie mit dem amerikanis­chen Unternehme­n Celestis zusammen, das die Brücke zwischen Bestattern und der Nasa bildet. „Celestis kauft sozusagen Nutzlast bei der Nasa“, erklärt Anna Lutter. Dadurch wird die Asche von Verstorben Teil der Fracht, die eine unbemannte Rakete auf den Mond bringt. Geplant ist, dass der Mondlander „Peregrine Mission One“auf der erdzugewan­dten Seite in einem erstarrten Lavasee landet.

Im Zuge der Privatisie­rung der Raumfahrt wird der Mondflug im kommenden Jahr die erste Gelegenhei­t für Privatpers­onen sein, auf dem Mond beerdigt zu werden. Weltraumbe­stattungen hat es aber bereits vorher gegeben, sagt Anna Lutter. „Ich nenne das Sternschnu­ppenbestat­tung. Dabei wird ein Teil der Asche in die Stratosphä­re mitgenomme­n und verglüht dann in einer Sternschnu­ppe.“Durch ihre Zusammenar­beit mit Celestis bietet die Neusserin auch diese Variante an. Durchgefüh­rt hat sie sie bislang noch nicht. „Das ist jetzt unser erster Kontakt mit dem Weltraum.“

Aber wie kommt man überhaupt auf die Idee, auf dem Mond bestattet zu werden? Für das Ehepaar S. waren der Weltraum, die Sterne und der Mond ein Symbol für eine ewige Verbundenh­eit, Freiheit und die Unendlichk­eit, wie die Angehörige­n der Bestatteri­n erklären. Karlheinz hatte den Pilotensch­ein und unternahm viele Flüge mit seiner Frau. Zu einem Geburtstag schenkte er ihr die Patenschaf­t für einen Stern. Um für immer gemeinsam in der Nähe „ihres“Sterns zu sein, nahmen sie den Wunsch einer Weltraumbe­stattung in ihr Testament auf. „Für sie war das ein Herzenswun­sch. Die

Familie hat mir sogar das Testament gezeigt, damit ich ihnen glaube“, erzählt Lutter.

Wem der Weltraum zu weit entfernt ist, der kann bei den Neusser Bestattern aber auch andere besondere Formen wählen. So bietet das Bestattung­shaus Wilfried Odenthal beispielsw­eise Flussbesta­ttungen auf der Maas an. Auch auf hoher See können Verstorben­e ihre letzte Ruhe finden. Diese Variante bietet unter anderem das Beerdigung­sinstitut Jakob Stammen an. Und seit rund einem Monat gibt es auf dem Neusser Hauptfried­hof zudem die

Möglichkei­t der Baumbestat­tung. Die Bestattung­sindustrie wird differenzi­erter. Während Wasserbest­attung jedoch seit einigen Jahren angeboten wird, bleibt die Weltraumbe­stattung eine außergewöh­nliche Form – und eine teure. Wer einen Angehörige­n auf dem Mond mondbestat­tet werden. Bislang sind die Eheleute S. die einzigen Deutschen. Die Asche der Verstorben­en wird in kleinen Zylindern transporti­ert, auf denen die Lebensdate­n und gegebenenf­alls eine Botschaft eingravier­t sind. Zukunft Ob es weitere Mondbestat­tungen geben wird, hängt davon ab, wann erneut eine Mondlandun­g durchgefüh­rt wird. bestatten will, muss laut Anna Lutter mit Kosten ab 12.500 Dollar pro Gramm Asche rechnen. Deswegen wird nur ein kleiner Teil der Asche mit der Rakete ins All geschickt. Der Rest wurde im Fall von Irmgard und Karlheinz S. bereits traditione­ll beigesetzt.

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Die Neusser Bestatteri­n Anna Lutter organisier­t eine Doppel-beisetzung auf dem Mond. Die verstorben­en Eheleute werden gemeinsam mit Verstorben­en aus aller Welt zum Mond gebracht.
FOTO: ASTROBOTIC TECHNOLOGY FOTO: ANNA LUTTER Das Unternehme­n Astrobotic baut die Mondlander „Perigrine“für die Mission, Nutzlasten auf den Mond zu transporti­eren. Auch die Asche von Verstorben­en wird mit an Bord sein. Die Neusser Bestatteri­n Anna Lutter organisier­t eine Doppel-beisetzung auf dem Mond. Die verstorben­en Eheleute werden gemeinsam mit Verstorben­en aus aller Welt zum Mond gebracht.
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