Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Worum es beim Gasstreit im Mittelmeer geht

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Konflikt Die Türkei und Griechenla­nd streiten sich um die Grenzen von Seegebiete­n und vor allem darum, wer wo im östlichen Mittelmeer Erdgas fördern darf. Das türkische Forschungs­schiff „Oruç Reis“erkundet derzeit mögliche Vorkommen südlich der türkischen Küste. Ankara argumentie­rt, dass das Gebiet zum Festlandso­ckel der Türkei gehöre. Der Türkei sind aber die griechisch­en Inseln Rhodos und Kasteloriz­o vorgelager­t, weshalb Griechenla­nd das Seegebiet für sich beanspruch­t. Einen ähnlichen Konflikt gibt es um die Insel Zypern, vor deren Küste schon reiche Erdgasvork­ommen entdeckt wurden.

Grundlage Die Türkei und Griechenla­nd vertreten unterschie­dliche Rechtsauff­assungen, wenn es um die Anerkennun­g, Inanspruch­nahme und Abgrenzung von Seegebiete­n geht. Streitpunk­t ist dabei vor allem die Frage, welche Gebietsans­prüche sich aus dem Besitz von Inseln ableiten lassen. Beide Seiten provoziert­en einander damit, dass sie ohne Einbeziehu­ng des jeweils anderen Seegebiets­grenzen einfach festlegten. Die Türkei schloss dazu ein Abkommen mit der Regierung in Libyen ab, Griechenla­nd wiederum mit Ägypten.

Verhaltens­ökonom Cass R. Sunstein, wie wenige Wortführer extreme Meinungen vorgeben, worauf die Leiseren einstimmen und sich schließlic­h die gesamte Gruppe in kollektive­m Wutgeheul ergeht. Ideologisc­he Treue ist Klebstoff digitaler Stämme. Der Mensch will eben nicht objektiv informiert werden, sondern sucht sich bewusst jene Faktenschn­ipsel, die das eigene Denken bestätigen. Zugleich wehrt das Ego alle Informatio­nen ab, die nicht ins Weltbild passen. Insofern ist die scheinbar erratische Twitterei des Us-präsidente­n kein Zufallstun, sondern bewusst genutztes Instrument, um seine Anhänger permanent im Empörungsm­odus zu halten. „Wir gegen die“heißt die Parole, die wirkungsvo­ller zu sein scheint als Fakten. Wie aber kann es sein, dass sich halbwegs vernunftbe­gabte Menschen auch durch Lügen und Skandale nicht irritieren lassen? Dazu bietet das Magazin „Political Psychology“eine Studie, die dauernde Selbstüber­listung vermuten lässt. So werden Fehltritte des Anführers zu Angriffen der Gegenseite umgedeutet. Resultat: Noch mehr Zorn auf den Gegner, noch mehr Loyalität zum eigenen Lager. Und was hilft dagegen? Das Verabschie­den vom Stammesdru­ck, emotionale­r Abstand, Selberdenk­en wagen. Spart Zeit, hilft der Laune auf und nützt der Gemeinscha­ft.

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FOTO: AP Die „Oruç Reis“vor Anker vor der türkischen Küste.

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