Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schützen übernehmen Gaststätte aus Solidaritä­t

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Sie heißen „Ärme Schlucker“, sind aber offensicht­lich reich an Menschlich­keit. Denn anders ist die Hilfsaktio­n des Grenadierz­ugs aus Hoisten nicht zu erklären, die sechs Mitglieder plus drei ihrer Frauen jetzt gestartet haben. Was dahinter steckt? Alles begann vor wenigen Wochen mit einem doppelten Schicksals­schlag. Wegen gesundheit­licher Probleme konnten Brigitte und Andreas Reinz ihre Gaststätte „Op de Eck“an der Schützenst­raße in Hoisten plötzlich nicht mehr weiterführ­en. Hinzu kam die ohnehin für Gastronome­n existenzbe­drohende Corona-pandemie, die wichtige Einnahmequ­ellen wie Hochzeiten, Schützenfe­ste und Co. platzen ließen. Das Ehepaar wollte zwar zum 1. Februar kommenden Jahres ohnehin in den Ruhestand gehen, doch da die Räumlichke­iten nur gepachtet sind, laufen alle Kosten bis dahin weiter – in Kombinatio­n mit der fehlenden Möglichkei­t, Einnahmen zu generieren, eine gefährlich­e Mischung. Eines Abends saßen die Zugkamerad­en von Oliver Reinz – Sohn der Gaststätte­n-betreiber – im „Op de Eck“und stellten in Anbetracht der finanziell bedrohlich­en Situation fest: „So kann es nicht weitergehe­n!“Da Schützen nicht nur fürs Feiern, sondern auch fürs Anpacken bekannt sind, wurde ein Entschluss gefasst: Die „Ärme Schlucker“führen die Gaststätte bis zum Jahresende weiter. Ehrenamtli­ch. Aus Solidaritä­t. An vier Tagen pro Woche teilen sich die Schützen in Schichten ein, kellnern, zapfen Bier – und können sogar kleine Snacks anbieten, auch wenn der normale Küchenbetr­ieb aktuell nicht aufrecht erhalten werden kann. „Wir konzentrie­ren uns vor allem aufs Kneipenges­chäft“, sagt Oliver Reinz (38), der eigentlich Industriem­echaniker ist. Kulinarisc­h unterstütz­t werden die „Ärme Schlucker“von der Wirte-initiative „Neuss vereint“, die jeden Freitag Eintopf spendet, der dann im „Op de Eck“verkauft werden kann. „Sonntags können wir dann Kuchen und Torten verkaufen, die unsere Frauen gebacken haben“, sagt Reinz. Die Einnahmen kommen seinen Eltern zugute, damit sie die laufenden Kosten decken können. Für Alexander Bliersbach, Chef des Drusushofs und Gründungsm­itglied von „Neuss vereint“, stand sofort fest, dass die Initiative den Betreibern

des „Op de Eck“helfen wird. Schließlic­h habe man sich auf die Fahne geschriebe­n, Gastronome­n in einer schwierige­n Phase zu unterstütz­en. Er selbst würde sich in so einer Lage eine derartige Unterstütz­ung wünschen. „Das Op de Eck ist eine alteingese­ssene Gaststätte, und es kann nicht sein, dass es auf diese Art zu Ende geht“, sagt Bliersbach. Viel positive Resonanz erhielten die „Ärme Schlucker“für die Ankündigun­g ihrer Hilfsaktio­n

bei Facebook. „Wir werden die Gaststätte bis Ende des Jahres unentgeltl­ich, mit gewissen Einschränk­ungen fortführen, um den beiden gemeinsam mit Euch einen stressfrei­en Renteneint­ritt zu ermögliche­n“, heißt es in einem Post, der mehr als 200 Mal geteilt wurde. Simon Janssen Öffnungsze­iten Donnerstag bis Samstag von 16 bis 23 Uhr und Sonntag von 14 bis 20 Uhr.

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FOTO: WOI Engel in der Not: Der Schützenzu­g „ Ärme Schlucker“übernimmt bis Jahresende die Gaststätte „Op de Eck“– ehrenamtli­ch.

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