Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Erftverband packt Fluss-umbau an
Die Planung für zwei Etappen der Erft-renaturierung ist gestartet. Ende 2023 möchte der Verband die Bereiche vom Gartenschaugelände bis Hemmerdener Weg und nördlich Neubrück umbauen. Zuvor werden die Bürger beteiligt.
GREVENBROICH 2045 – das klang sehr, sehr weit weg. Bis dahin wollte der Erftverband den Fluss renaturiert haben. Doch der Zeitplan wurde gekippt, da der Tagebau Hambach mit dem früheren Aus für die Braunkohleverstromung nun bereits im Jahr 2030 endet. Damit versiegen auch die Sümpfungswässer von dort, die bislang in beträchtlichem Umfang die Erft speisen. Deshalb muss nun alles viel schneller gehen, auch im Grevenbroicher Stadtgebiet wird der Fluss sein Aussehen rascher verändern als ursprünglich geplant. Für gleich zwei Fluss-abschnitte sind jetzt die ersten Vorarbeiten für die Planung angelaufen. Das teilt Christian Gattke, Leiter der Abteilung Flussgebietsbewirtschaftung beim Erftverband in Bergheim, mit.
Zum einen geht es um den Abschnitt vom nördlichen Ende des Landesgartenschaugeländes flussabwärts bis zum Hemmerdener Weg. „Dafür läuft bereits bei der Bezirksregierung das Verfahren für die Stellungnahmen der Träger öfentlicher Belange“, erläutert Christian Gattke. Zudem werde der Untersuchungsrahmen für die Umweltverträglichkeitsprüfung festgelegt. „Noch in diesem Jahr wollen wir ein Büro mit der Planung beauftragen“, kündigt der Gewässerexperte im Gespräch an.
Das Prinzip des Erft-umbaus: Die heute kanalisierte Erft soll, wo möglich, „entfesselt“werden, zum Teil in Schleifen durch die Landschaft mäandern. „Die eine oder andere Schleife zwischen dem Landesgartenschaugelände und der Kreisstraße 10“könne es geben. „In Bereichen, in denen der Wald geschädigt ist, könnte man auch einen Bogen durch das Waldgebiet legen.“Erste Gespräche mit der Stadt habe es bereits gegeben.
Ebenfalls geplant sei „nach Möglichkeit der Rückbau der Wehranlagen“an der Kottmann-mühle in Wevelinghoven. „Das Wehr wird für die Stromerzeugung nicht mehr benötigt, es verhindert für Fische die Durchgängigkeit des Flusses. Wir haben bei Frimmersdorf wieder die Barbe beobachtet. Beispielsweise diese Fischart benötigt längere Wanderstrecken“, sagt Christian Gattke.
Aber nicht nur an Tier und Pflanze denkt der Erftverband. „Bei der Planung der Umgestaltung wollen wir die Menschen mitnehmen, und wir stimmen uns mit der Stadt ab.“2021 soll es eine Bürgerversammlung geben, „wenn das wieder möglich ist. Corona macht es uns nicht einfach.“Ansonsten gebe es eine Alternative, nämlich eine Beteiligungsmöglichkeit per Internet.
Bei der Umgestaltung soll der Fluss auch als Naherholungs- und Kulturraum gestärkt und mehr ins Stadtbild integriert werden. Mehrere Grevenbroicher Ratsfraktionen haben dafür Anträge gestellt. Ebenfalls
angepackt wird an der nördlichen Stadtgrenze das Erft-teilstück von Neubrück an Gruissem vorbei bis Hombroich in Neuss. Auf diesem Teilstück „gibt es einen alten Erftarm und mehrere tiefe Stellen ehemaliger Erft-verläufe, die in die Planung einbezogen werden können“, sagt Christian Gattke. Auch für diesen Abschnitt sind erste Schritte für die Planung angelaufen, sollen 2021 die Bürger beteiligt werden.
Für beide Etappen möchte der Erftverband im Jahr 2022 den Genehmigungsantrag stellen und, wenn alles klappt, Ende 2023 mit der Umgestaltung beginnen. Danach stehen im Grevenbroicher Stadtgebiet noch mehrere Umbau-etappen an. Nach derzeitigem Zeitplan soll Ende 2023 die Planung für den Bereich des Gustorfer Bends starten, im Jahr 2024 für das Teilstück vom Hemmerdener Weg bis in den Norden von Wevelinghoven. Der Fluss soll an der Gartenstadt ins so genannte „Taltiefste“, weg vom Ort verlegt werden. Wie weit der Vitusgraben danach Wasser führen wird, ist noch offen. Viele Wevelinghovener möchten den Ortsbild-prägenden Fluss in der Gartenstadt behalten.
Erst in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre wird sich die Planung um die Neugestaltung der Erft im Grevenbroicher Zentrum drehen. „In diesem Bereich stellen sich viele Fragen, etwa wie der Fluss in der Innenstadt künftig aussehen, wie er erlebt werden soll“, sagt der Erftverbandsmitarbeiter. Zudem geht es dort auch um die Wehranlagen und um Staurechte für die Mühle dort.