Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wetterhahn krönt wieder St. Sebastianu­s

- VON CHRISTOPH KLEINAU

Ein 30 Jahre lang verscholle­ner Wetterhahn schmückt wieder den Turm der 300 Jahre alten Kirche. Seine Rückkehr an den angestammt­en Platz markiert den Abschluss eines wichtigen Abschnitte­s bei der Sanierung der Innenstadt-kirche.

NEUSS 40 Meter über dem Boden dreht sich seit Dienstagmo­rgen wieder ein vergoldete­r Wetterhahn auf dem Türmchen von St. Sebastian im Wind. Lange hatte man ihn dort nicht sehen können. Denn der Wetterhahn war irgendwann abgenommen worden und galt seit 30 Jahren als verscholle­n – bis er zufällig im Keller des angrenzend­en Sebastianu­s-klosters gefunden wurde. Mitsamt Kreuz und Kreuzkugel in der Werkstatt der Firma Metall Küppers in Waldfeucht komplett restaurier­t und mit einer Blattgolda­uflage zum Glänzen gebracht, setzten ihn jetzt Ralf Küppers und Heinz Schneider wieder auf seine hohe Warte.

Die Rückkehr des Wetterhahn­s markiert den Abschluss eines wichtigen Bauabschni­ttes bei diesem Millionen-projekt. Denn das schon seit Jahren nicht mehr standsiche­re Türmchen ist saniert, stabilisie­rt, mit Schiefer neu eingedeckt und fertig. Ein letzter Sicherheit­scheck des Statikers, dann konnte am Dienstag mit dem Abbau des Gerüstes begonnen werden. Die tonnenschw­ere Gerüstbrüc­ke, die vor Monaten quer über den First des barocken Kirchleins gehoben wurde, um eine sichere Arbeitsbüh­ne für die Turmsanier­ung zu schaffen, soll am Wochenende demontiert werden.

Danach soll es Schritt für Schritt weniger Gerüst- und Gitterstan­gen rund um die 300 Jahre alte Sebastianu­skirche geben. Die Westseite des Kirchendac­hes ist schon neu eingedeckt worden, die Ostseite wird nach Ansicht von Architekt Severin Küppers aus Köln in zwei Wochen fertig sein. Bis zur Höhe der Traufe und vor dem Hauptporta­l muss das Gerüst stehen bleiben.

Denn fertig ist St. Sebastianu­s noch lange nicht. „Wir haben nicht verstanden, was mit der Westfassad­e ist“, beschreibt Heiermann ein erst im Verlauf der seit dem März laufenden Arbeiten auftauchen­des Problem. Einer Antwort brachte ihn eine – im Mai in der NGZ veröffentl­ichte – Zeichnung aus dem Jahr 1950 näher. Darin hatte der heute 94-jährige Otto Saarbourg als junger Architektu­rstudent

die Kriegsschä­den an der Kirche festgehalt­en und heute nicht mehr erkennbare Fensteröff­nungen und Risse im Mauerwerk dokumentie­rt. Mehrfach und auch unkoordini­ert sei die Fassade perforiert worden, schlussfol­gerte Heiermann. Das zu heilen, habe Wochen und viele Euro gekostet. Risse und

Hohlräume in der Fassade wurden aufgespürt und zum Teil mit Mörtel verpresst, die Fassade mit quer eingelasse­nen Eisenstang­en stabilisie­rt und das nach außen drückende Gemäuer mit zwei Meter langen Maueranker­n wieder eingefange­n.

Auch an anderen Stellen musste heilend eingegriff­en und Fehler früherer Handwerker-generation­en ausgebesse­rt werden. Die hatten zur Folge, dass überall Wasser in das Mauerwerk eindringen konnte. So wurde neben der Bleiabdeck­ung auch die Schalung unter dem neu eingedeckt­en Dach erneuert und der Dachstuhl statisch verbessert.

Ganz zum Abschluss soll die Kirche noch einen neuen Anstrich bekommen. Rot wird sie wieder werden, aber weder so altrosa noch so knallrot, wie das ältere freigelegt­e Farbschich­ten nahelegen könnten – sondern farblich irgendwo dazwischen.

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FOTO: -NAU Ralf Küppers (l.) und Severin Heiermann auf dem Kirchturm.

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