Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wetterhahn krönt wieder St. Sebastianus
Ein 30 Jahre lang verschollener Wetterhahn schmückt wieder den Turm der 300 Jahre alten Kirche. Seine Rückkehr an den angestammten Platz markiert den Abschluss eines wichtigen Abschnittes bei der Sanierung der Innenstadt-kirche.
NEUSS 40 Meter über dem Boden dreht sich seit Dienstagmorgen wieder ein vergoldeter Wetterhahn auf dem Türmchen von St. Sebastian im Wind. Lange hatte man ihn dort nicht sehen können. Denn der Wetterhahn war irgendwann abgenommen worden und galt seit 30 Jahren als verschollen – bis er zufällig im Keller des angrenzenden Sebastianus-klosters gefunden wurde. Mitsamt Kreuz und Kreuzkugel in der Werkstatt der Firma Metall Küppers in Waldfeucht komplett restauriert und mit einer Blattgoldauflage zum Glänzen gebracht, setzten ihn jetzt Ralf Küppers und Heinz Schneider wieder auf seine hohe Warte.
Die Rückkehr des Wetterhahns markiert den Abschluss eines wichtigen Bauabschnittes bei diesem Millionen-projekt. Denn das schon seit Jahren nicht mehr standsichere Türmchen ist saniert, stabilisiert, mit Schiefer neu eingedeckt und fertig. Ein letzter Sicherheitscheck des Statikers, dann konnte am Dienstag mit dem Abbau des Gerüstes begonnen werden. Die tonnenschwere Gerüstbrücke, die vor Monaten quer über den First des barocken Kirchleins gehoben wurde, um eine sichere Arbeitsbühne für die Turmsanierung zu schaffen, soll am Wochenende demontiert werden.
Danach soll es Schritt für Schritt weniger Gerüst- und Gitterstangen rund um die 300 Jahre alte Sebastianuskirche geben. Die Westseite des Kirchendaches ist schon neu eingedeckt worden, die Ostseite wird nach Ansicht von Architekt Severin Küppers aus Köln in zwei Wochen fertig sein. Bis zur Höhe der Traufe und vor dem Hauptportal muss das Gerüst stehen bleiben.
Denn fertig ist St. Sebastianus noch lange nicht. „Wir haben nicht verstanden, was mit der Westfassade ist“, beschreibt Heiermann ein erst im Verlauf der seit dem März laufenden Arbeiten auftauchendes Problem. Einer Antwort brachte ihn eine – im Mai in der NGZ veröffentlichte – Zeichnung aus dem Jahr 1950 näher. Darin hatte der heute 94-jährige Otto Saarbourg als junger Architekturstudent
die Kriegsschäden an der Kirche festgehalten und heute nicht mehr erkennbare Fensteröffnungen und Risse im Mauerwerk dokumentiert. Mehrfach und auch unkoordiniert sei die Fassade perforiert worden, schlussfolgerte Heiermann. Das zu heilen, habe Wochen und viele Euro gekostet. Risse und
Hohlräume in der Fassade wurden aufgespürt und zum Teil mit Mörtel verpresst, die Fassade mit quer eingelassenen Eisenstangen stabilisiert und das nach außen drückende Gemäuer mit zwei Meter langen Mauerankern wieder eingefangen.
Auch an anderen Stellen musste heilend eingegriffen und Fehler früherer Handwerker-generationen ausgebessert werden. Die hatten zur Folge, dass überall Wasser in das Mauerwerk eindringen konnte. So wurde neben der Bleiabdeckung auch die Schalung unter dem neu eingedeckten Dach erneuert und der Dachstuhl statisch verbessert.
Ganz zum Abschluss soll die Kirche noch einen neuen Anstrich bekommen. Rot wird sie wieder werden, aber weder so altrosa noch so knallrot, wie das ältere freigelegte Farbschichten nahelegen könnten – sondern farblich irgendwo dazwischen.