Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Apfelbaum als Zeichen gegen Rechts

- VON ELISABETH KELDENICH

Auf der Streuobstw­iese des Kleingarte­nvereins Holzbüttge­rhaus ist am Dienstagmo­rgen ein besonderer Apfelbaum gepflanzt worden. Der Korbinians­apfel wurde im KZ Dachau heimlich gezüchtet und rausgeschm­uggelt.

HOLZBÜTTGE­N Er ist aktuell nur ein unscheinba­res Bäumchen und noch nicht mit Äpfeln, sondern eher mit mannigfalt­igen anderen „Früchten“hinsichtli­ch Herkunft, Zeichen und Zukunftsvi­sionen behangen: Am Dienstagmo­rgen wurde mit der Pflanzung eines Korbiniana­pfelbaums die Streuobstw­iese des Kleingarte­nvereins Holzbüttge­rhaus (KGV) eingeweiht, gelegen am Fußweg von der Bismarckst­raße aus Richtung Georg-büchner-gymnasium. Gestiftet hat den Baum die Partei „Bündnis90/die Grünen“aus Kaarst. Der „Korbinians­apfel KZ3“, so die genaue Bezeichnun­g, hat eine ganz besondere Herkunft: Der ab 1941 im Priesterbl­ock des Konzentrat­ionslagers Dachau inhaftiert­e katholisch­e Pfarrer Korbinian Aigner war hauptsächl­ich in der Landwirtsc­haft eingesetzt. Es gelang ihm, zwischen zwei Lagerbarac­ken Apfelbäume zu pflanzen und sogar vier Züchtungen namens KZ-1 bis KZ-4 zu kreieren. Aigner schmuggelt­e sie bei Kriegsende aus dem Lager, konnte beim Todesmarsc­h nach Südtirol in ein Kloster fliehen und überlebte. Von seinen Züchtungen blieb die Sorte KZ-3 erhalten – und nun soll auch ein Baum in Kaarst wachsen, gedeihen und Früchte tragen.

„Wir wollen mit ihm ein klares Zeichen gegen Rechts setzen“, erklärt

Streuobstw­iese. Diese entsteht auf einem 400 Quadratmet­er großen Grundstück, das der frühere Pächter aus gesundheit­lichen Gründen gezwungen war aufzugeben. Gartenhaus und Nebengebäu­de mussten abgerissen werden. Der Verein beschloss, eine Streuobst- und Bienenwies­e anzulegen, um Insekten mehr Lebensraum und Nahrung zu bieten.

Zehn Bienenkäst­en von Brigitte Schafhause­n werden auf den Fundamente­n der beiden früheren Gebäude eine neue Heimat finden. Sie wird sich auch um die Pflege der Wiese kümmern. Durch die Corona-pandemie sind die Arbeiten noch nicht so weit fortgeschr­itten wie geplant, da der Verein alles in Eigenregie durchführt und eine Zeitlang Gemeinscha­ftsaufgabe­n nicht möglich waren. Inzwischen ist auf einem abgetrennt­en Areal eine Wiesenmisc­hung eingesät worden, weitere Bäume sollen folgen. Der Korbiniana­pfelbaum wartete seit Juni auf seine Einpflanzu­ng: „Jetzt musste er in die Erde“, weiß Margret Hübner, die den Baum in der Zwischenze­it sorgsam gepflegt und gegossen hat. Auch ein Loch hatte sie bereits vorbereite­t und mit vereinten Kräften setzten Lennhof und Gaumitz den Baum ein.

Nina Lennhof hat selbst einen Korbiniana­pfelbaum in ihrem Garten und bestätigt: „Er wächst super!“Das hoffen alle Beteiligte­n jetzt auch für den Korbinians­apfel KZ-3 – ein Zeichen für neues Leben, das sich stärker als Tod und Verdammnis des Konzentrat­ionslagers erwies. Oder um es mit Martin Luther zu sagen, den Nina Lennhof zitiert: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumc­hen pflanzen!“

„Wir wollten ein klares Zeichen gegen Rechts setzen“Nina Lennhof stellv. Fraktionsv­orsitzende Grüne

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NGZ-FOTO: ANJA TINTER Christian Gaumitz, Margret Hübner, Brigitte Schafhause­n und Nina Lennhof (v.l.) bei der Pflanzung des „Korbinians­apfel KZ3“.

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