Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Mehr Wumms bei der Hilfsbürokratie
Mit ihrem „Lockdown light“muten Kanzlerin und Ministerpräsidenten Bürgern und Teilen der Wirtschaft viel zu. Die Prioritäten, die sie gesetzt haben, sind richtig: Das Wichtigste ist es, dass Schulen und Kitas offen bleiben – sonst geht eine junge Generation verloren und der Wirtschaft der Teil der Arbeitskräfte, die zur Kinderbetreuung zu Hause bleiben müssen. Den Preis dafür aber zahlen Gastronomen, Kulturund Sporteinrichtungen. Daher ist es zwingend, dass der Staat sie großzügig entschädigt. Klotzen, nicht kleckern, gibt Wirtschaftsminister Peter Altmaier als Devise aus. Doch das muss nicht nur für die Höhe der Entschädigung gelten, sondern auch für die Umsetzung. Und hier muss Altmaier dringend nachbessern.
Im ersten Lockdown legten er und Finanzminister Olaf Scholz 1,4 Billionen Euro an Staatshilfe auf den Tisch. Davon sind nicht einmal zehn Prozent abgerufen worden. Das liegt auch daran, dass die vielen Hilfen unübersichtlich sind, dass ihre Beantragung kompliziert und die Auszahlung riskant ist. Allzu schnell drohen Rückzahlungsforderungen oder gerät der Antragsteller unter Betrugsverdacht. Dass Firmen, denen der Staat einen Umsatzausfall gegenüber November 2019 erstatten will, womöglich andere Hilfen wie das Kurzarbeitergeld gegenrechnen sollen, lässt nichts Gutes ahnen. Nicht so kleinlich, bitte! Die Bazooka hat ihre Munition doch sowieso nicht verschossen.
Zudem sollten die Minister auf Berater wie Ifo-chef Clemens Fuest hören. Der fordert, dass es neben einfachen Soforthilfen einen höheren Verlustvortrag bei der Steuer gibt. Das ist leicht umsetzbar, wirkt zielgenau und könnte auch Firmen zugutekommen, die der Lockdown nur mittelbar betrifft. Um mit Wumms aus der Krise zu kommen, wie Scholz sagte, muss es auch mehr Wumms bei der Hilfsbürokratie geben. BERICHT NRW FORDERT NEUE CORONA-STRATEGIE, TITELSEITE