Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Musik Zyperns in zeitgenössischer Bearbeitung
NEUSS (Nima) Bevor das endgültige Aus kam, hatten die Verantwortlichen für die Konzerte der aktuellen Saison in der Reihe „Acoustic Concerts“ohnehin vom Kulturkeller in den Pauline-sels-saal des Romaneum verlegt. Dort fand auch die Premiere statt – vor gerade einmal 40 Zuhörern unter penibel eingehaltenen Abstands- und Hygieneregeln Platz. Man mag nicht glauben, dass von solchen Kulturveranstaltungen irgendeine Gefahr für eine virale Ansteckung ausgehen könnte. Auch für geringe Zuhörerzahlen hat das Kulturamt die Top-elite der Weltmusik verpflichtet, wie zur Premiere „Monsieur Doumani“eindrucksvoll bestätigte.
Das vielfach preisgekrönte Trio „Monsieur Doumani“, 2012 in Nikosia (Zypern) gegründet, konzentriert sich auf die Entwicklung traditioneller zypriotischer Musik und ihre zeitgenössische Bearbeitung. Schon mit ihren Instrumenten hauchen sie der zypriotischen Folk-tradition neuen Esprit ein. Sie spielen nicht traditionell auf Laute und Geige, sondern auf der Tzouras (Antonis Antoniou), der Gitarre (Andys Skordis) und mit Posaune und Querflöte (Demetris Yiasemides). Die Tzouras ist eine kleine sechssaitige Schalenhalslaute, gewissermaßen die Ukulele der Bouzouki-familie und klingt auch ähnlich, nur etwas heller.
Geradezu revolutionär ist der Einsatz einer Posaune. Demetris Yiasemides sorgt auf ihr für enorm viel Abwechslung, gelegentlich komödiantische Einlagen, oft für einen jazzigen Sound. „Nicht die Tradition nachspielen“ist die Devise der profunden Musiker, „sondern instrumental eine neue Farbpalette zu schaffen und damit die alte Musik neu zu beleben“.
Die Musik Zyperns spiegelt eine Vielzahl traditioneller Genres wider, sie hat griechische, türkische und arabische Einflüsse. Zur Eröffnung des Konzertes erklingt ein schneller „Syrtos Mavromattis“, ein traditioneller Kreistanz, der auch heute noch getanzt wird. Der „Cypriot Sousta“ist ein Hochzeitstanz, der schon im antiken Griechenland belebte und auch heute noch auf Zypern und den Inseln der Ägäis gepflegt wird.
Mit angenehm vitaler Stimme singt Antonis Antoniou zu seinem oft virtuosen Tzourasspiel die lustige Geschichte von „The Forest Ranger“, in der die Mutter ihrer Tochter empfiehlt, doch lieber einen Notar oder Lehrer statt des Försters zu heiraten.
Im Rembetiko, dem rauen Blues verräucherter griechischer Hafenspelunken, verwurzelt ist so manche robuste Ballade. In „The Dark Beauty from Morfou“verliert ein verheirateter Mann den Verstand, sobald er die Brüste der dunklen Schönheit von Morfou, einer kleinen Stadt auf Zypern, sieht.
Wenn das Trio dieses Liebeslied über Brüste auf Zypern singt, reagieren auch heute noch einige Zuhörer schockiert. Viele alte Lieder unterlegen sie aber mit neuen, aktualisierten Texten, die sich mit gesellschaftlichen und politischen Problemen der Insel beschäftigen. In „Systema“artikulieren die Musiker Konflikte zwischen Christen und Moslems. Und selbst, wenn der Titel wenig hoffnungsvoll endet, bleibt das lebhafte und bestens aufeinander abgestimmte Musizieren grandios.