Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wirte kritisieren neue Corona-regeln
Hygienekonzepte erstellt, Trennwände und Desinfektionsspender angeschafft– und das soll alles für die Katz’ sein? Das fragt sich auch Gastronom Markus Oedinger. Ab Montag darf nur noch Außer-haus-service angeboten werden.
KORSCHENBROICH Auch die Korschenbroicher Gastronomen erleben bald wieder, was sie schon einmal durchmachen mussten: Den Stopp ihres normalen Betriebs. Nach den verschärften Corona-regeln dürfen sie ab 2. November nur noch Speisen zum Mitnehmen anbieten. Markus Oedinger, Wirt in dritter Generation in der Gaststätte „Zur Waldesruh“sagt, was auch Kollegen so sehen: „Richtig ist, wir müssen etwas gegen die Ausbreitung des Virus machen. Falsch ist, dafür die Gastronomie zu schließen, die mit ihren Hygienemaßnahmen Vorbild geworden sind.“
Der erste Lockdown habe schlimme Auswirkungen auf die Gastronomie gehabt. Was nun kommt, ist erneut bitter für die Branche. „Von ‚Lockdown light‘ kann für uns keine Rede sein. Wir Gastronomen sind genau wie beim ersten Lockdown zu 100 Prozent betroffen. Erneut wird unser kompletter Betriebsablauf auf den Kopf gestellt. Die Umsatzverluste werden gerade in diesen Monaten gigantisch sein und leider ganz sicherlich Arbeitsplätze kosten“, heißt es in einer Stellungnahme des Liedberger Landgasthauses. Nur die Gastronomie werde zum „Opfer des Lockdowns“werden, beklagt Oedinger, der seinen Ärger auch auf seiner Facebook-seite publik gemacht hat. „Wir haben Hygienekonzepte erstellt, Desinfektionsspender besorgt, Trennwände gebaut und montiert, Einmalkarten gedruckt und verteilt sowie Tische desinfiziert, was das Zeug hält, in Luftfiltersysteme investiert – und nun ist das alles für die Katz’?“
Die steigenden Infektionszahlen seien alarmierend, aber der Weg dagegen vorzugehen, sei mehr alsfragwürdig, finden Wirte. Die eigentliche Gefahr für Infektionen gehe von Zusammenkünften im privaten Bereich aus. „Die klassische Gastronomie ist nicht der Ort, wo sich das Virus verbreitet“, sagt Carmen Stappen, Geschäftsführerin des Gasthauses Stappen in Steinhausen. Es wäre hilfreicher, eine Gastronomie mit bewährtem Hygienekonzept geöffnet zu lassen und private Zusammenkünfte strikter zu kontrollieren und zu verbieten, meint auch Oedinger: „Es ist besser, sich in einem Restaurant zu treffen, als wenn plötzlich Menschen aus unterschiedlichen Haushalten und Familien privat zusammensitzen ohne Kontaktlisten, ohne Abstände und fehlendem Hygienekonzept.“Oedinger ist dafür, Gaststätten zu schließen, die sich nicht an Regeln halten. „Aber nicht die bestrafen, die einen super Job machen“, sagt er.
Dennoch stecken Oedinger und etliche Kollegen die Köpfe in den Sand. Schließlich stehen auch ihre Mitarbeiter wieder vor großer Ungewissheit und Kurzarbeit. „Das geht an die Psyche, alle wollen was tun“, sagt Oedinger, der elf Festangestellte hat. „Von der Kurzarbeit sind 14 Mitarbeiter betroffen und von der Schließung auch 20 Minijobber, die auf den Lohn angewiesen sind und nun kein Geld erhalten“, heißt es aus dem Liedberger Landgasthaus.
Das Gasthaus Stappen (30 Mitarbeiter) will wie Oedinger und andere auch wieder einen Außerhaus-dienst anbieten. Diese Form der Gastronomie ist aber bei Weiten nicht kostendeckend, so die Erfahrung des Liedberger Landgasthauses. Schlecht für alle ist, dass nun die in Jahresabschlussfeiern, die in normalen Zeiten schon im November starten, ausfallen werden.
Ob es im Dezember wieder aufwärts geht? Im Liedberger Landgasthaus glaubt man nicht daran. Carmen Stapppen und Oedinger sind zuversichtlicher. Aber wie es wirklich kommt, weiß natürlich niemand.