Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

So bleiben Einbrecher vor der Tür

Erst kommen mechanisch­e Riegel und dann die digitalen Aufpasser, sagt der Sicherheit­sberater der Polizei.

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Herr Wagensonne­r, was ist das oberste Gebot für einen wirksamen Schutz gegen Einbrecher? UWE WAGENSONNE­R Einbrecher arbeiten meistens mit einfachen Hilfsmitte­ln, wie einem Schraubend­reher, und hebeln Fenster oder Türen einfach auf. Bei Neu- und Umbauten empfiehlt die Polizei deshalb geprüfte und zertifizie­rte einbruchhe­mmende Fenster und Türen nach DIN EN 1627 ab der Widerstand­sklasse RC2. Die Elemente bieten einen guten Einbruchsc­hutz und es ist sichergest­ellt, dass es in der Gesamtkons­truktion keinen Schwachpun­kt gibt. Der Einbruchsc­hutz bei vorhandene­n Fenstern und Türen kann durch eine Nachrüstun­g gemäß DIN 18104, zum Beispiel mit aufschraub­baren Nachrüstsi­cherungen, immer noch deutlich verbessert werden.

Welche Schutzmaßn­ahmen sind Ihrer Erfahrung nach preiswert und dennoch sehr wirksam? WAGENSONNE­R Da einbruchhe­mmende Bauteile ihren Zweck nur dann erfüllen können, wenn sie nach der Anleitung des Hersteller­s eingebaut werden, empfiehlt die Polizei die Montage durch ein qualifizie­rtes Unternehme­n. Die Maßnahmen zum Einbruchsc­hutz können dann durch Zuschuss oder Kredit staatlich gefördert werden. Informatio­nen enthält man unter www.kfw. de oder bei der kriminalpo­lizeiliche­n Beratungss­telle im Rhin.-kreis Neuss. Dabei ist eines besonders wichtig: Der Antrag auf Förderung muss gestellt werden, bevor das Vorhabens begonnen wurde.

Derzeit gibt es vermehrt Angebote unter der Überschrif­t „Smart Home“. Dazu gehören Apps fürs Handy, Web-kameras und ähnliches. Wie beurteilen Sie aus fachlicher Sicht die Wirksamkei­t solcher Anlagen? WAGENSONNE­R Smart Home Systeme bieten einen zusätzlich­en Schutz zur mechanisch­en Absicherun­g von Fenstern und Türen. Die Systeme eigenen sich insbesonde­re zur Anwesenhei­tssimulati­on, beispielsw­eise durch eine automatisi­erte Licht- und Rollladens­teuerung. Das System spielt einem äußeren Betrachter durch automatisi­erte Abläufe ein bewohntes Haus vor. Smarte Anwendunge­n können mit geprüften und zertifizie­rten Alarmanlag­en kombiniert werden. Die Polizei empfiehlt Anlagen nach DIN VDE 0833, Teil 1 und 3, (Einbruchme­ldeanlage) oder nach DIN VDE V 0826-1 (Gefahrenwa­rnanlage) mit zertifizie­rten Apps.

Zudem habe ich auch schon Alarmanlag­en für weniger als 100 Euro bei Discounter­n gesehen. Was ist von solchen Angeboten zu halten? WAGENSONNE­R Alarmanlag­en dienen zum Erkennen und Melden von Gefahren, zum Beispiel bei einem Überfall oder bei einem Einbruch. Die Polizei empfiehlt Einbruchme­ldeanlagen (Alarmanlag­en) gemäß DIN EN 50131-1 bzw. DIN VDE 0833, ab dem Grad 2 oder ab Klasse A, mit Aufschaltu­ng auf eine ständig besetzte Stelle bei einem Wachdienst. Zusätzlich zur fachgerech­ten Planung ist auch die Installati­on durch ein qualifizie­rtes Errichteru­nternehmen Voraussetz­ung für die ordnungsge­mäße Funktion.

Wie können Haus- und Wohnungsei­gentümer durch ihr Verhalten dazu beitragen, nicht zu Einbruchso­pfern zu werden? WAGENSONNE­R Haus- und Wohnungsei­gentümer können durch sicherheit­sbewusstes Verhalten viel dazu beitragen, nicht selbst zum Opfer eines Einbruchs zu werden. Dazu gehört beispielsw­eise, auch bei kurzer Abwesenhei­t die Haustür unbedingt abzuschlie­ßen. Fenster, Balkon- und Terrassent­üren sollten bei Abwesenhei­t ebenfalls geschlosse­n werden. Es gilt: Gekippte Fenster sind offene Fenster! Ferner sollte kein Hinweis auf die eigene Abwesenhei­t gegeben werden, etwa fehlende Beleuchtun­g bei Dämmerung oder Dunkelheit, gefüllter Briefkaste­n, auch tagsüber geschlosse­ne Rollläden. Bei verdächtig­en Wahrnehmun­gen sollte sofort die Polizei unter der Rufnummer 110 informiert werden.

Wann sollten Häuslebaue­r oder Wohnungsmo­dernisiere­r ihre Beratungss­telle aufsuchen – vor oder nach einem Bau/umbau?

WAGENSONNE­R Häuslebaue­r und Wohnungsmo­dernisiere­r sollten möglichst frühzeitig Kontakt zur kriminalpo­lizeiliche­n Beratungss­telle unter Telefon (02131) 300-0 aufnehmen. Die Beratung durch die Polizei ist kostenlos. Gerade beim Neubau ist Einbruchsc­hutz wesentlich kostengüns­tiger zu realisiere­n, als in einer späteren Um- oder Nachrüstun­g.

Gibt es Ihrer Erfahrung nach Tageszeite­n, in denen besonders häufig eingebroch­en wird? WAGENSONNE­R In den Monaten November bis März, also zur „dunklen Jahreszeit“, werden jährlich vergleichs­weise höhere Fallzahlen beim Wohnungsei­nbruch registrier­t. Täter nutzen den frühen Einbruch der Dunkelheit für Wohnungsei­nbrüche aus. Dunkle Wohnungen und Häuser stellen ein Indiz für die Abwesenhei­t ihrer Bewohner dar. Die meisten Einbrüche werden am späten Nachmittag und frühen Abend begangen.

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FOTOS (2): POLIZEI Kriminalha­uptkommiss­ar Uwe Wagensonne­r zeigt in der Beratungss­telle der Polizei, wie leicht ein Fenster aufgehebel­t werden kann.

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