Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Viele Polinnen lassen im Ausland abtreiben
Recht Das katholisch geprägte Polen hatte schon vor der Verschärfung eines der strengsten Abtreibungsgesetze Europas. Es stammt aus dem Jahr 1993 und war ein hart erkämpfter Kompromiss, der Abtreibungen zulässt, wenn das Leben oder die Gesundheit der Frau gefährdet ist, die Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung oder durch eine andere Straftat entstand. Bereits vor dem Urteil waren viele Frauen ins Ausland gereist, um einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen.
Zahlen Wegen der strengen Gesetze gab es in Polen nur sehr wenige Abtreibungen. 2016 lag die Quote dort bei 0,1 pro 1000 Frauen. In Deutschland waren es 4,4, in Großbritannien 10,4, in Estland sogar 17,1.
Protest Bei den Demonstrationen in Polen gegen die Entscheidung des Verfassungsgerichts zum Abtreibungsrecht sind auch Flaggen in den Regenbogenfarben zu sehen. Sie gelten als das Symbol der Lgbt-bewegung, zu der sich lesbische, schwule, bisexuelle und Trans-menschen zusammengeschlossen haben. Sie demonstrieren mit den Frauen, um gegen ihre Diskriminierung in Polen unter der rechtspopulistischen Pis-regierung zu protestieren.
damit eine „Blockwart-mentalität“zu schüren, wie sie auch im Nationalsozialismus gepflegt wurde. Spült die Pandemie jetzt also schlechte Charaktereigenschaften an die Oberfläche? Tatsächlich kann der Fingerzeig auf andere das Gefühl plötzlicher Macht wecken, aber auch das eigene Sicherheitsbedürfnis befriedigen: Wer das Normale schätzt, muss jede Abweichung davon wenigstens als Störung empfinden. Ist also der Denunziant „der größte Lump im ganzen Land“, wie ihn August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798– 1874) – immerhin der Dichter unserer Nationalhymne – beschrieb? Aber heißt das dann auch, gleich alles hinzunehmen, was einen Verstoß darstellt? Denunziation bedeutet zunächst sehr neutral nur „Anzeige erstatten“. In der Tat sind die Grenzen fließend zwischen einer Meldung aus niederen Beweggründen und einer aktiven Mithilfe. Jede Anzeige wird so zu einer Werteentscheidung. Es gilt nämlich die Frage zu klären: Was hat einen höheren Wert? Das Einhalten etwa des Versammlungsverbots oder das Recht auf die vermeintliche Freiheit des Bürgers? Welche Verantwortung ist man selbst bereit für die Gemeinschaft zu übernehmen? Oder wie gleichgültig ist man? Extrem wichtige Fragen sind das – und nicht nur in Corona-zeiten.