Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Als Expeditionsleiter in der Antarktis
Geologe Ludger Feldmann ist seit 2003 als Lektor auf Kreuzfahrten unterwegs. Derzeit ist er für die Ard-dokureihe „Verrückt nach Meer“als Expeditionsleiter in der Antarktis zu sehen. Er ist gefesselt von der „reinen Natur“.
KAARST Ludger Feldmann schnappt sich das Mikrofon und spricht zu den Gästen. „Wir sind immer noch an der Gerlache-straße und werden demnächst nach Backbord abbiegen und auf Paradise Bay hinfahren. Diesen Namen haben die Walfänger vergeben, ich möchte nicht zu viel verraten“, sagt der 63-Jährige den 337 Gästen, die die Antarktis-kreuzfahrt mit der MS Hamburg gebucht haben. Feldmann ist als Expeditionsleiter mit an Bord und steht für alle Fragen der Passagiere bereit, begleitet die Ausflüge an Land und erzählt etwas über die Beschaffenheit und die Tierwelt der Antarktis. Ein Traumjob, oder nicht? „Es macht mir unheimlich Spaß“, gibt Feldmann im Gespräch mit unserer Redaktion zu. Gleichzeitig sagt er aber auch: „Die Reisen sind kein Urlaub. Nach einem Monat auf dem Schiff braucht man eine Pause. Das ist wie ein Marathonlauf.“
„Wenn man einmal hier war, traut man sich nicht mehr in den Zoo“
Ludger Feldmann Expeditionsleiter
Im Jahr 2007 war Feldmann erstmals in der Antarktis, bis heute war er insgesamt 26 Mal dort unterwegs. Die eisige Landschaft am Ende der Welt hat ihn sofort in ihren Bann gezogen. „Hier findet man die reine Natur und eine faszinierende Tierwelt“, sagt er. Gigantische Berge aus Jahrtausende altem Eis, Wale, Robben – einfach Natur pur. „Hier gibt es nichts, was auf Menschen hinweist. Wenn man einmal hier war, traut man sich nicht mehr in einen Zoo“, sagt Feldmann.
Der gebürtige Duisburger studierte in Düsseldorf Geographie und Geologie, promovierte und absolvierte seine Dozentenzeit mit gleichzeitiger Habilitation zum Thema „Eiszeitliche Ablagerungen zwischen Harz und Heide, Klimageschichte der letzten 400.000 Jahre“. Die zugesagte Prossessorenstelle an der Technischen Universität in Claustahl, wo er bereits zwölf Jahre lang Vorlesungen hielt, kam aus finanziellen Gründen nicht zustande. Und genau das war ausschlaggebend für Feldmanns weiteren Werdegang. Durch Zufall wurde er als Lektor 2003 zu einer Kreuzfahrt nach Norwegen eingeladen und sollte den Gästen die Menschen und das Land erklären, Ausflüge vorbereiten und begleiten und als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Das war der Startschuss für sein „zweites Leben“, wie Feldmann die Arbeit auf hoher See nennt. Seitdem hat er über 100 Länder bereist, Land und Leute kennengelernt. Nur Australien fehlt ihm auf seiner Landkarte noch – und Asien habe er nur leicht angekratzt. Auch auf dem Amazonas war er auf diversen Flusskreuzfahrten unterwegs, besuchte häufig Grönland, Island, die Karibik. Fasziniert war er auch von Madagaskar, einem armen Land mit zufriedenen Menschen, wie er schildert. Binnen 17 Jahren ist Feldmann um die halbe Welt gereist. Die letzten drei Jahre war er an Weihnachten nicht zu Hause, sondern auf einem Schiff. Pro Jahr ist er rund 150 Tage unterwegs, pendelt von zu Hause zum Flughafen und auf die Schiffe. Rund 100.000 Kilometer legt Feldmann so pro Jahr zurück. Auch Studienreisen stehen auf dem Programm, so war Feldmann bereits 14 Mal in Albanien zu Besuch und kennt das Land wie seine Westentasche
Wegen der Corona-pandemie muss er nun eine Zwangspause einlegen. Doch arbeitslos ist er als Selbstständiger nicht, er zeichnet derzeit eine Karte der Eiszeit für einen geologischen Lehrpfad in Bad Tölz. Noch im September war er auf einer Flusskreuzfahrt von Köln nach Basel unterwegs, als wegen der Corona-krise plötzlich ganze Städte abgeriegelt wurden. Auch die nächste Antarktis-saison wurde abgesagt. Seinen 65. Geburtstag will Feldmann aber wieder auf dem Schiff verbringen, die Reise ist auch schon geplant: Im Dezember 2021 geht es zu den Falkland-inseln – wenn die Pandemie dann vorbei sein sollte.