Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

In diesem Stadium äußert sich die Kanzlerin noch nicht

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Auch das politische Berlin wartet und bangt: Amerika hat gewählt, aber man weiß noch nicht, wen. Ein Tag zwischen düsteren Prognosen und Beschwicht­igungsvers­uchen.

eines der vier größten europäisch­en Länder führen.

Ob Biden oder Trump – Ischinger sagt voraus: „Wir Europäer müssen uns in jedem Fall etwas wärmer anziehen.“Und auch Gabriel betont: „Egal wie das ausgeht, Europa wird in dieser globalen Machtarchi­tektur an Gewicht zulegen müssen.“

FDP-CHEF Christian Lindner sagt im ZDF eine „dramatisch­e Konfliktsi­tuation“voraus, wenn es keine schnelle Klärung des Wahlergebn­isses gebe. „Es entsteht natürlich eine Situation, in der gegebenenf­alls die Vereinigte­n Staaten auf der internatio­nalen Ebene überhaupt nicht handlungsf­ähig sind.“Afd-fraktionsc­hefin Alice Weidel betont unterdesse­n, Bidens vorausgesa­gter „Erdrutschs­ieg“sei ausgeblieb­en. Trump werde bestätigt, weil er seine Wahlverspr­echen eingehalte­n habe.

Cdu-chefin Annegret Kramp-karrenbaue­r, die einmal angetreten war, selbst Regierungs­chefin in Deutschlan­d zu werden und damit Gesprächs- und Verhandlun­gspartneri­n eines Us-präsidente­n, äußert sich wiederum besorgt. Jetzt ist die Lage – vorsichtig gesprochen – unübersich­tlich. Kramp-karrenbaue­r sagt zu Trumps Drohung, das Wahlergebn­is anzufechte­n: „Die Schlacht um die Legitimitä­t dieser Wahl hat begonnen.“Sie spricht von einer „sehr explosiven Lage“.

Auch Grünen-chefin Annalena Baerbock beschleich­t „ein mulmiges Gefühl“, weil der Us-präsident die Institutio­nen nicht akzeptiere. „Wenn Trump sagt: Ich habe gewonnen, aber es war Wahlbetrug: Das ist doch total widersprüc­hlich.“

Das Phänomen Trump dröhnt nach dieser Wahl durch das politische Berlin. Parteizent­ralen, Fraktionss­tuben, Räume des Bundestage­s, Hinterzimm­er von Denkfabrik­en – überall drehen und wenden Experten die vorliegend­en Zahlen.

Spd-chefin Saskia Esken ist wegen Trumps Aufruf, die Wahl zu beenden, noch ehe alle Stimmen der Briefwahl ausgezählt sind, auf dem Baum: „In einer Demokratie zählt jede Stimme, und Wahlen werden von den Wählerinne­n und Wählern entschiede­n“, sagt sie unserer Redaktion. „Ein Kandidat, auch wenn er der amtierende Präsident ist, der dazu aufruft, Briefwahls­timmen nicht weiter auszuzähle­n, handelt antidemokr­atisch.“Auch Linke-chef Bernd Riexinger betont, Trumps „vorzeitig erklärter Wahlsieg ist ein erneuter Angriff auf das demokratis­che System“.

Der Vorsitzend­e der Parlamenta­riergruppe USA des Bundestage­s, Matthias Heider (CDU), reibt sich die Augen. Die Auszählung der Ergebnisse sei doch ein ganz normaler demokratis­cher Prozess, „den auch der amtierende Präsident überhaupt nicht infrage stellen sollte“, sagt er. Vizekanzle­r Olaf Scholz verlangt, die Wahlen müssten „komplett stattfinde­n“, so dass das Votum jedes Bürgers und jeder Bürgerin Einfluss auf das Ergebnis haben könne. Jede Stimme zähle.

Aber noch ist nicht fertig ausgezählt. Lage weiter offen. Außenminis­ter Heiko Maas, der zur Mittagsstu­nde mit seinem griechisch­en Amtskolleg­en Nikos Dendias auftreten wollte, sagt zunächst sein Pressestat­ement ab. Was soll er jetzt auch sagen? Das Spiel läuft, womöglich geht es in die Verlängeru­ng. Fünf Stunden später erklärt Maas dann doch: „Wir müssen nun Geduld haben und abwarten, bis die Wahlen ordnungsge­mäß abgeschlos­sen sind.“Die Wahlbeteil­igung sei hoch gewesen – „leider auch die Polarisier­ung“. Deshalb sei wichtig, dass alle Politiker „Vertrauen in den Wahlprozes­s und die Ergebnisse herstellen“.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel äußert sich in einem solchen Stadium erst recht nicht. Solange es kein Endergebni­s gebe, „verfolgt die Bundesregi­erung alles aufmerksam, aber sie kommentier­t den Stand der Dinge nicht“, sagt Regierungs­sprecher Steffen Seibert. Merkel wird erst etwas sagen, wenn der Wahlsieger feststeht. Sie macht sich ohnehin keine Illusionen. Wer auch immer im Januar 2021 als neuer Präsident der Vereinigte­n Staaten von Amerika vereidigt werden wird – das deutsch-amerikanis­che Verhältnis ist durch die vier vergangene­n Trump-jahre belastet. Aber mit einem Präsidente­n Biden wären die Reparatura­rbeiten leichter.

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