Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Welche Versicherungen man wirklich braucht
Es gibt notwendige Policen und solche, die nicht für jeden sinnvoll sind. Einmal im Jahr sollte man seinen Bestand kritisch überprüfen.
DÜSSELDORF Rund 2600 Euro hat 2019 jeder Deutsche im Durchschnitt für Versicherungen ausgegeben. Das sind mehr als 200 Euro im Monat, und da sollte mancher Haushalt schon genau hinsehen, ob er sich das wirklich leisten muss. Welche Versicherungen sind notwendig? Welche sind sinnvoll? Und welche verzichtbar?
Was sein muss: Es gibt Versicherungen, die sind Pflichtprogramm. Die Krankenversicherung und für Autofahrer die Kfz-haftplicht. Um die kommt man schon von Gesetzes wegen nicht herum. „Auch die private Haftpflichtversicherung ist quasi ein Muss“, sagt Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-westfalen. Die private Haftpflichtversicherung kommt für Schäden auf, die man selbst am Eigentum anderer anrichtet. Eine spezielle Haftpflichtversicherung
ist auch wichtig, beispielsweise für Hundehalter, für Grundbesitzer mit einem Mehrfamilienhaus, für Jäger, Segler und Pferdebesitzer.
Was sinnvoll ist: Bei Autobesitzern empfiehlt sich vor allem in den ersten Jahren eine Kaskoversicherung, die Schäden am eigenen Fahrzeug und dessen Insassen bezahlt. Das gilt um so mehr, je teurer das Auto ist. Eine Risikolebensversicherung macht aus Sicht von Elke Weidenbach nur dann Sinn, wenn man jemanden absichern will. „Für Alleinlebende ist sie eigentlich in den meisten Fällen nicht nötig.“Sehr wichtig ist dagegen eine Berufsunfähigkeitsversicherung, mit der man sich gegen den Verlust der eigenen Arbeitskraft absichert. Wenn man seinen Job nur noch zu 50 Prozent machen kann, fehlt ein großer Teil des Einkommens. Ganz wichtig ist das für die Jahrgänge ab 1961, die keine staatliche Berufsunfähigkeitsrente
mehr bekommen, sondern eine Erwerbsminderungsrente, die deutlich seltener gezahlt wird. Dadurch sind sie auf die Zahlungen im Berufsunfähigkeitsfall angewiesen. Eine solche Police ist allerdings nicht preiswert. Beste Chancen auf eine günstige Versicherung haben junge Leute, Berufstätige mit Schreibtischtätigkeiten und Menschen ohne Vorerkrankungen. Wer schwere handwerkliche Arbeiten machen muss und älter als 40 Jahre ist, zahlt auch schon mal 150 Euro im Monat. Eine Gebäudeversicherung sollte man als Immobilieneigentümer schon deshalb abschließen, weil man ohne einen Feuerversicherungsschutz bei kaum einer Bank oder Sparkasse ein Baudarlehen bekommt. Darüber hinaus empfiehlt sich aber eine verbundene Wohngebäudeversicherung, die auch Sturm-, Hagel- und Leitungswasserschäden deckt. Viele Versicherer bieten zusätzlich Elementarschadenversicherungen gegen Schäden an, die durch Überschwemmungen und Starkregen verursacht werden. Während Überschwemmungen vor allem ein Thema sind, wenn man in der Nähe großer Flüsse wohnt, kann Starkregen in Zeiten des Klimawandels jeden treffen. Und wenn man verreist? Wer – auch das wird ja irgendwann auch wieder möglich sein – außerhalb Deutschlands Urlaub machen will, sollte auf eine Auslandskrankenversicherung nicht verzichten. „Die trägt nicht nur die Behandlungskosten im Urlaubsland, sondern auch den Rücktransport nach Hause“, sagt Weidenbach. Der ist durch die gesetzliche Krankenversicherung nicht gedeckt und wird auch nicht von jedem privaten Krankenversicherer bezahlt. Eine Reiserücktrittsversicherung sollte man immer mit einer Reiseabbruchversicherung kombinieren. Hintergrund: „Wer etwa am Flughafen eingecheckt hat, der hat die Reise angetreten. Da zahlt keine Rücktrittsversicherung mehr“, so Weidenbach.
Eine Unfallversicherung kann Sinn machen, damit man nach einem Unfall mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen beispielsweise aus der Kapitalauszahlung einen notwendigen Haus- oder Wohnungsumbau finanzieren kann.
Was überflüssig ist: „Kein Mensch braucht eine Brillen-, eine Handy- oder eine Gerätereparatur-versicherung“, so Weidenbach. Auch eine Reisegepäckversicherung hält die Expertin in den meisten Fällen für überflüssig. Das sieht die Stiftung Warentest genauso, weil die Erstattung von Kosten im Schadensfall kompliziert sei und sich der Aufwand im Vergleich zur Lösung nicht immer lohne. Sterbegeldversicherungen, die eine Form der Kapitallebensversicherung und meist mit einer Versicherungssumme zwischen 5000 und 10.000 Euro ausgestattet sind, sind nicht besser als Sparpläne, die man für alle Kosten rund um die eigene Beerdigung aufstellt. Als Rentner sollte man Sterbegeldversicherungen nicht mehr abschließen, weil dann aus Sicht der Versicherer das Sterberisiko hoch ist und damit die Prämie steigt. Da sind die gezahlten Beiträge unter Umständen höher als die Auszahlung im Todesfall.
Versicherungscheck: „Einmal im Jahr sollte man sein Versicherungsportfolio überprüfen“, empfiehlt Verbraucherschützerin Weidenbach. Durch Hausbau, Umzug, Heirat und/oder Geburt eines Kindes kann sich der Bedarf nachhaltig ändern. Also regelmäßig kontrollieren!