Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
St. Martin legt Zwangspause ein
Klaus Gehlen wäre am Mittwoch zum zehnten Mal als St. Martin beim Umzug in Kaarst vorweg geritten.
KAARST (seeg) Ein goldener Helm auf dem Kopf, den roten Mantel um die Schultern gehangen, posiert er für die Kamera. Normalerweise hätte Klaus Gehlen als St. Martin am Mittwochabend den Umzug der Kaarster Grundschulen angeführt. Es wäre sein zehnter Auftritt als Martin gewesen. Zuvor war Gehlen seit 2005 als Bettler an der Seite des im Dezember 2010 verstorbenen Reinhard Wimmers geritten. In diesem Jahr ist alles anders. Der Mantel und der Helm bleiben im Schrank, das Pferd im Stall. „Ich finde es gerade für die Kinder schade, dass es keinen Umzug gibt“, sagt Klaus Gehlen. Er wird die leuchtenden Kinderaugen vermissen, die ihn spätestens beim Vorbeireiten an den Grundschulen auf der großen Wiese in der Stadtmitte ehrfürchtig anschauen. Das Jahr 2020 wird auch ihm immer als Martins-loses Jahr in Erinnerung bleiben.
Seit Kindertagen habe das Martinsfest für Gehlen eine besondere Bedeutung. „Wir haben schon früher immer Laternen gebastelt, es gab Weckmänner und Süßigkeiten. Auf das Fest wurde immer hingearbeitet“, sagt er. Auch heute hat das Martinsfest bei der Familie Gehlen einen hohen Stellenwert. „Es ist Tradition. Meine Frau lädt an dem Tag des Umzuges immer die ganze Familie zum Weckmannessen
und Kaffee trinken ein.“Das Pferd leiht Gehlen, gleichzeitig General der St. Sebastianus-schützenbruderschaft in Kaarst, seit vielen Jahren im Reitstall von Peter Bierewitz. „Die meisten wünschen sich einen Schimmel für ihre Umzüge“, sagt Peter Bierewitz, obwohl von einem Schimmel in der eigentlichen Martinsgeschichte nichts geschrieben steht. Kinder und Eltern seien enttäuscht, wenn der heilige Martin nicht auf einem weißen Pferd reitet. Rund 40 bis 50 Pferde verleiht Bierewitz jährlich für die Martinsumzüge, vor allem die zweite Novemberwoche ist stark frequentiert. „Da wird es schwierig, jeden Wunsch nach einem Schimmel zu erfüllen“, sagt er. Das Wichtigste sei aber, dass das Pferd sich von den Martinsfeuern und der Musik nicht aus der Ruhe bringen lässt.
Die Kaarster Martinsvereine haben sich trotz der corona-bedingten Absage der Züge etwas einfallen lassen. So sollen die Bürger beispielsweise ihre Fenster mit Laternen schmücken, analog zu den „Kaarster Steinen“wird es eine Aktion mit Martinssteinen geben. Am Sonntagabend wird es zudem eine Überraschung des Kaarster Martinsvereins geben – näheres wird der Verein am frühen Sonntagnachmittag auf seiner Facebook-seite (www.facebook. com/martinsverein) bekannt geben.