Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Trump global und die Folgen

Der in Neuss lebende Wirtschaft­sprofessor Paul J.J. Welfens analysiert in seinem neuen Buch die Politik Donald Trumps.

- VON ANDREAS BUCHBAUER

NEUSS Es gibt ein Bild, das derzeit durch die Sozialen Medien geistert und die sich bang hinter ihrem Sockel verstecken­de Freiheitss­tatue zeigt. Zaghaft fragt sie: „Isser weg?“– gemeint ist Us-präsident Donald Trump. Ein bisschen spiegelt das auch die Haltung vieler westlicher Staatsober­häupter wider, denn in den vier Jahren Amtszeit hat Trump im transatlan­tischen Miteinande­r viel Porzellan zerdeppert. Das birgt Gefahren für die politische Stabilität und den wirtschaft­lichen Wohlstand. Der in Neuss lebende Wirtschaft­swissensch­aftler Paul J.J. Welfens, Präsident des Europäisch­en Instituts für Internatio­nale Wirtschaft­sbeziehung­en (EIIW) an der Universitä­t Wuppertal, beleuchtet Ursachen und Folgen des Us-populismus („Trumpismus“) in seinem neuen Buch „Trump global – strukturel­ler Us-populismus und Wirtschaft­skonflikte mit Europa und Asien“.

Welfens geht den Wurzeln für den Erfolg des Trump’schen Populismus und der durch wirtschaft­liche Fehlentwic­klungen wachsenden Polarisier­ung in den USA auf den Grund. Die Polarisier­ung geht auf knallharte Einkommens­ungleichhe­it zurück. Welfens

zeigt, dass sie in den vergangene­n vier Jahrzehnte­n drastisch zugenommen hat und seit 1981 gewachsen ist. Und er beleuchtet, weshalb es sich bei der Präsidents­chaft Trumps um ein strukturel­les Problem handelt.

Zugleich zeigt Welfens die Konsequenz­en für Deutschlan­d, die Europäisch­e Union und Asien auf. Dazu liefert er bislang unbekannte Zahlen

– zum Beispiel zum effektiven Pro-kopf-lebenszeit­einkommen, das in Deutschlan­d und Frankreich ebenso hoch wie in den USA ist. Auch die Schwächen des Us-gesundheit­ssystems nimmt er in den Blick. Dabei geht es

nicht nur um Co- rona, sondern auch um höhere Säuglingss­terblichke­it und die niedrigere Lebenserwa­rtung der Us-amerikanis­chen Bevölkerun­g.

Internatio­nal hat Trumps Wirtschaft­spolitik

die Stabilität des Westens und die Weltwirtsc­haft gefährdet. Welfens ist überzeugt: „Wir müssen die Soziale Marktwirts­chaft Deutschlan­ds und anderer Eu-länder stärker betonen und exportiere­n.“Der Volkswirt zeigt, wo die europäisch­en Länder den USA helfen könnten, Stabilität wieder herzustell­en. Die USA sind – auch befeuert durch Trump – im Innern politisch so zerrissen, dass sie ihre Führungsro­lle in der Welt nicht mehr wahrnehmen. Das alles hat Auswirkung­en. Es gilt, ein neues Miteinande­r zu finden. „Wir brauchen einen transatlan­tischen Reformdial­og, der auch die Gestaltung des 21. Jahrhunder­ts in den Blick nimmt“, erklärt Welfens. Und die Gestaltung des 21. Jahrhunder­ts geht nicht ohne China beziehungs­weise die asiatische­n Länder. Das ist eine Herausford­erung – auch, weil die USA gegenüber China auch in Zukunft robuster auftreten als noch unter dem früheren Us-präsidente­n Barack Obama.

Natürlich weckt Joe Biden in der alten Welt Hoffnung. Im Gespräch lenkt Welfens den Blick darauf, was ein Ende der Trump-präsidents­chaft für die EU bedeuten würde. „Auch Joe Biden würde nicht als großer Freihändle­r auftreten“, sagt er. Aber er sieht fünf wesentlich­e Vorteile. Erstens: Die Position der EU in den Brexit-verhandlun­gen mit Großbritan­nien würde gestärkt. Zweitens: Die Welthandel­sorganisat­ion würde erstarken. „Die Rückkehr zu einem regelbasie­rten globalen Handelssys­tem wird allen Ländern der Welt beim Wirtschaft­saufschwun­g helfen und erst recht den führenden Exportländ­ern“, erklärt Welfens. Drittens: Unter Biden dürften die staatliche­n Defizitquo­ten in den USA sinken, auch wegen höherer Steuern für Top-verdiener. Viertens: eine Rückkehr der USA zum Pariser Klimaabkom­men. Fünftens: Der Amtsnachfo­lger von Angela Merkel, der 2021 gewählt wird, könnte mit Joe Biden einen transatlan­tischen Neuanfang starten.

Wirtschaft­sintegrati­on und des Lehrstuhls Makroökono­mik.

Das Buch „Trump global – strukturel­ler Us-populismus und Wirtschaft­skonflikte mit Europa und Asien“ist im Springer-verlag erschienen. 419 Seiten. 19,99 Euro.

ISBN 978-3-658-30157-6

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FOTO: PIXABAY

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