Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Eine Erfahrung der Ohnmacht
Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland tagt erstmals digital.
BERLIN Es war eine Premiere: Vor dem Hintergrund der Corona-krise tagte die Synode, das Kirchenparlament, der Evangelischen Kirche in Deutschland am Sonntag und am Montag ausschließlich im Internet. Die Corona-krise sei eine „Erfahrung von Ohnmacht, die uns vielleicht in unserem persönlichen Leben vertraut ist, die wir aber als Gesellschaft so noch nicht kannten“, sagte der Ekd-ratsvorsitzende, Bischof Heinrich Bedford-strohm. In seinem Bericht erinnerte er an jene Menschen, die während der Corona-pandemie allein sterben mussten. Der Theologe regte an, die stillen Feiertage im November zu nutzen, um Pandemieopfer zu gedenken. „Wir werden um all die Menschen trauern und für sie beten, die in der Zeit der Pandemie gestorben sind“, sagte Bedford-strohm.
Zuvor hatte bereits Bundespräsident Frank-walter Steinmeier die Rolle der Kirche in der Corona-krise betont. „Es ist meine tiefe Überzeugung: Wir brauchen die Stimme der Kirche gerade jetzt und auch in
Zukunft“, sagte das Staatsoberhaupt in einem Videogrußwort. „Wir brauchen die Kirche als Kraft, die Orientierung und Halt gibt, die Zusammenhalt fördert. Wir brauchen die Gemeinschaft im Glauben.“
Doch die EKD steht auch selbst vor großen Herausforderungen. Am Sonntag debattierten die Synodalen
Frank-walter Steinmeier Bundespräsident über ein Positionspapier mit zwölf Leitsätzen für die Zukunft der Kirche und die Neuorientierung der Finanzstrategie der EKD. Und dabei wurde deutlich, dass die Finanzen der deutschen Protestanten noch angespannter sind als bisher bekannt. Allein in diesem Jahr rechnen die EKD und die Landeskirchen mit Mindereinnahmen bei der Kirchensteuer von 8,5 bis elf Prozent. „Es sind einschneidende Maßnahmen notwendig“, sagte das Ekd-ratsmitglied Andreas Barner. Bis 2030 will man ein Haushaltsvolumen von 17 Millionen Euro einsparen. Wie Barner betonte, soll das mit Hilfe einer Prioritätensetzung statt eines Rasenmäherprinzips geschehen. So würden etwa die Relevanz einer Aufgabe für die öffentliche Sichtbarkeit der evangelischen Kirche und die Mitgliedsbindung besonders berücksichtigt.
Doch die in der mittelfristigen Finanzplanung vorgeschlagenen Sparmaßnahmen wollen die Synodalen erst auf 2021 in einer dann neu konstituierten Synode beschließen. Dass es in den nächsten Wochen und Monaten nun einen Wettbewerb darum geben könnte, wer am lautesten für seine Fördermittel schreit, schloss Barner aus: „Das geht jetzt in die Gremien.“
Doch während der Synodaltagung hatte dieser Wettbewerb bereits wahrnehmbar begonnen: Denn natürlich hatte jeder Synodale andere Vorstellungen davon, welches Thema wie wichtig für die Kirche ist. Kürzungen, zum Beispiel bei wissenschaftlichen Bibliotheken, kirchlichen Hochschulen und weiteren Einrichtungen, wurden deswegen scharf kritisiert.
„Wir brauchen die Stimme der Kirche gerade jetzt und auch in Zukunft“