Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Lange Haftstrafe nach Raubüberfall
25 Jahre alter Mann wegen schweren Raubes verurteilt. Seine Beute: 42 Euro.
NEUSS Die Beute war mager, die Strafe ist deutlich: Ein junger Mann aus Erfttal muss nach einem Raubüberfall am Kehlturm in der Neusser City für dreieinhalb Jahre in Haft. Das hat das Landgericht am Freitag entschieden. Die zuständige Strafkammer verurteilte den dreifachen Familienvater wegen besonders schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung. Der Mann hatte bis zuletzt auf eine Bewährungsstrafe gehofft.
Die Tat hatte sich am 19. April 2019 gegen 3.30 Uhr abgespielt. Ein Student hatte seine Aushilfstätigkeit als Kellner eines Lokals auf der Neustraße beendet und wollte in einem Café auf der Klarissenstraße noch ein Bier trinken. Bei dieser Gelegenheit kam er mit dem Angeklagten ins Gespräch, um bei ihm eine kleine Menge Marihuana für den Eigengebrauch zu kaufen. Er gab dem Angeklagten 20 Euro, der forderte ihn auf, mit ihm nach draußen zu kommen. Gemeinsam machte man sich auf den Weg zum Kehlturm, dort sollte das „Geschäft“über die Bühne gehen.
Zwischenzeitlich war noch ein anderer junger Mann hinzu gestoßen. „Ich kannte ihn nicht, weiß auch nicht seinen Namen“, behauptete der Angeklagte. Dennoch verbündete er sich plötzlich mit ihm, schlug den Studenten nieder, trat auf ihn ein und raubte letztlich sein Portmonee. Inhalt: 42 Euro. Auch ein Schuss soll gefallen sein. Anschließend kehrte der 25-Jährige in das Café auf der Klarissenstraße zurück, wo wenig später auch das stark blutende Opfer auftauchte. Die Polizei wurde gerufen, der Angeklagte wurde festgenommen.
Jetzt im Prozess behauptete er steif und fest, es sei keine geplante Tat gewesen. Vielmehr sei er da in etwas hineingeraten. Dem folgte letztlich auch der Richter – dennoch verurteilte er den dreifachen Familienvater zu dreieinhalb Jahren Haft. „Es gab zwar keinen Tatplan, trotzdem haben Sie bei dem Raub direkt mitgemacht, geschlagen und getreten“, hielt er dem Mann vor, „Sie waren es sogar, der dem Opfer das Portmonee weggenommen hat.“Anwältin Dagmar Loosen hatte zuvor auf eine Bewährungsstrafe plädiert. „Das ist kein stimmiger Ablauf“, so Loosen, „mein Mandant wurde in ein Geschehen hineingezogen, er hat den eigentlichen Täter aus Angst unterstützt. Es ist ein sehr schräger Sachverhalt.“Der Angeklagte könne deshalb nur wegen Beihilfe verurteilt werden, außerdem habe er in der Tatnacht unter dem Einfluss von Kokain und Alkohol gestanden.
Der Richter folgte jedoch weitestgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft, lobte aber auch die Verteidigung. „Ohne die gute Arbeit Ihrer Anwältin hätten Sie hier mit mehr als sechs Jahren Gefängnis rechnen müssen“, sagte er zum vielfach vorbestraften Angeklagten. Die Verteidigung hatte dafür gesorgt, dass aufgrund des Drogenkonsums zumindest ein „minderschwerer Fall“aus dem schweren Raub wurde. Die Zeit in Haft dürfte sich im Übrigen nicht auf dreieinhalb Jahre beschränken – zum Zeitpunkt der Tat stand er unter Bewährung, so dass die Zeit im Gefängnis noch um etliche Monate verlängert werden dürfte.
Der 25-Jährige nahm das Urteil frustriert zur Kenntnis. Er hatte geplant, im Januar eine Ausbildung zum Autolackierer zu beginnen. „Wir werden in der schriftlichen Urteilsbegründung empfehlen, dass Sie in den offenen Vollzug kommen, um die Ausbildungsstelle wahrnehmen zu können“, kündigte der Richter an. Verteidigerin Dagmar Loosen will möglicherweise Revision gegen das Urteil einlegen. „Wir werden die Urteilsbegründung prüfen“, so Loosen, „mein Mandant hat das Geschehen anders wahrgenommen.“