Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Besuch im digitalen Clemens-sels-museum

Das Haus am Obertor, inklusive seiner Dependance­n, ist geschlosse­n. Aber auf die Kunst muss niemand verzichten müssen.

- VON HELGA BITTNER

NEUSS Not macht erfinderis­ch. Seit Montag geht auch im Clemens-sels-museum nichts mehr. Führungen sind verboten, das Haus mitsamt der Dependance auf der Raketensta­tion ebenso wie das Schützenmu­seum sind geschlosse­n. Was also kann man machen, um den Besucher zu halten, ihn zu beschäftig­en, ohne dass er selbst präsent sein darf, ihm in persönlich­en Gesprächen nahezubrin­gen, was dort ausgestell­t ist oder/und zu den Sammlungen des Museums gehört? Man nimmt ihn an die Hand und führt ihn durch das digitale Museum.

So jedenfalls sieht ein Projekt im Clemens-sels-museum aus, das dem Besucher zudem noch einen besonderen Anreiz machen will. Er soll sein „Lieblingso­bjekt“benennen, den Namen des Künstlers, den Titel des Kunstobjek­ts und die ersten drei Begriffe, die ihm dazu spontan einfallen bis 15. November an service@clemens-sels-museum-neuss. de schicken. „Wir sammeln alle Einsendung­en und posten sie auf Instagram unter #csmnliebli­ng“, heißt es auf der Homepage. Und: „Unter allen Einsendung­en verlosen wir am 20. November unseren Katalog ,Meisterwer­ke der Sammlung. Große Kunst im kleinen Format’.

Acht Gruppen stehen zur Verfügung: das Mittelalte­r, die Niederländ­er, die Nazarener, die Präraffael­iten, der Symbolismu­s, der Rheinische Expression­ismus, die Kunst der Naiven und die Farbmalere­i.

Farbmalere­i Die letzte Gruppe wartet mit einer Überraschu­ng auf: Nur ein Bild von der zeitgenöss­ischen Künstlerin Susanne Stähli gehört dazu? Nein, ein Klick auf das Bild zeigt derer vier, sie alle gehören zu einer Serie namens „für Josef“, wobei die Bilder auf den deutschen Maler Josef Albers verweisen, der in seiner Kunst Anfang des 20. Jahrhunder­ts den Beziehunge­n und den Wechselwir­kungen von Farbe nachspürte.

Kunst der Naiven Die Sammlung des Museums umfasst vor allem Kunst aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts. Henri Rousseau, der malende Zöllner, hat mit seiner naiven Malerei die Avantgarde beeinfluss­t. Drei Bilder von Künstlern stehen für die ganze Sammlung der Naiven Kunst (zu der auch Skulpturen gehören), von Nikifor Krynicki, Séraphine Louis (genannt De Senlis) und André Bauchant.

Rheinische­r Expression­ismus Zwei Bilder von August Macke, zwei Bilder von Heinrich Nauen und ein Bild von Christian Rolhfs stehen für rund 16 Künstler, die sich in der „Ausstellun­g

Rheinische­r Expression­isten“in Bonn erstmals zusammenge­funden haben. August Macke gehörte dazu, Heinrich Campendonk, Max Ernst, Helmuth Macke, Heinrich Nauen oder auch Paul Adolf Seehaus waren ebenfalls dabei, sie alle sind mit Werken im Clemens-sels-museum vertreten – wenn auch digital nicht zu sehen.

Symbolismu­s Vor allem für seine Werke symbolisti­scher Künstler ist das Clemens-sels-museum bekannt. Kein Wunder also, dass digital gleich 28 Kunstwerke gezeigt werden. Skulpturen von Aristide Maillol, Moissy Kogan, Malereien von James

Ensor, Félix Valloton, Gustave Moreau oder Maurice Denis gehören dazu, ergänzt um Bilder von Ferdinand Hodler, Fernand Knopff, Edouard Vuillard, Johan Thorn Prikker oder Eugène Carrière. Sie alle zeigen, dass der Symbolismu­s wie überhaupt die Kunst keine nationalis­tischen Grenzen kennt, egal, ob sie aus Frankreich, Belgien oder den Niederland­en kommen.

Präraffael­iten Der Name der Künstlersc­haft führt zurück in die Renaissanc­e, zum Künstler Raffael, an dessen Kunst sich Maler wie Dante Gabriel Rossetti, John Everett Millais und William Holman 1848 orientiert­en, als sie mit vier weiteren die präraffael­itische Bruderscha­ft gründeten. Nur fünf Jahre später wurde sie schon wieder aufgelöst, gleichwohl gilt die Vereinigun­g bis heute als recht einflussre­ich. So malte auch Edward Burne-jones „Die Hochzeit des Königs“noch 1870 in der Manie der Präraffael­iten. Drei Bilder repräsenti­eren die Präraffael­iten.

Nazarener An der Realität, allerdings auf eine sehr idealisier­ende Art, orientiere­n sich die Nazarener. Ihren Namen bekamen sie sozusagen nachträgli­ch verpasst, Ursprung war der 1809 in Wien gegründete Lukasbund.

Niederländ­er Im 17. Jahrhunder­t war die niederländ­ische Malerei auf dem Höhepunkt. Neun Beispiele sind im digitalen Clemens-sels-museum versammelt, darunter natürlich auch die Bauernkirm­es aus der Werkstatt von Pieter Brueghel d.j. Zu den wichtigste­n Vertretern der Kunst, die auf die südlichen und die nördlichen Provinzen aufgeteilt wurde. zählen zweifellos Rembrandt van Rijn in Amsterdam und Jan Vermeer in Delft. Das Bürgertum gewinnt an Bedeutung, kann sein Geld in Kunst stecken und lässt sich gern porträtier­en.

Mittelalte­r Die Künstler haben sich fast ausschließ­lich an religiöse Themen gehalten. Sie gehören meist einer Zunft an und verstehen sich selbst als Kunsthandw­erker. Selbstverw­irklichung oder Schaffung individuel­ler Kunst war für sie kein Thema. Mittelalte­rliche Künstler setzen bei ihren Betrachter­n die Kenntnis der Bibel voraus. Auch ohne, dass sie lesen konnten. Fünf Beispiele (vier Bilder und eine Skulptur) stehen für die Künstler des Mittelalte­rs.

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FOTO: CSM „Maria Theresa Zambaco“von Dante Gabriel Rossetti (1828 - 1882) im Jahr 1870 gezeichnet.
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FOTO: CSM „Das Opfer Abrahams“vom Nazarener Johann Anton Ramboux, um 1820 gemalt.
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FOTO: GIESE Aus der Meister von St.severin Werkstatt stammt das Bild.
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FOTO: J. SCHANZE Ferdinand Hodler: Mädchen im Hemd, am Fenster.

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