Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Korschenbr­oichs Martin kann diesmal nur daheim auftreten

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

KORSCHENBR­OICH „Ich werde traurig sein und auf Corona schimpfen“, sagt Rolf Winkens, wenn er auf seine Gedanken zum diesjährig­en Martinsfes­t angesproch­en wird. Aber seine Pläne gehen doch ein wenig positiver weiter: „Wir werden mit unserem Sohn, der Schwiegert­ochter und den beiden Enkeln gemeinsam Kaffee trinken und Martinslie­der singen. Vielleicht verkleide ich mich und mach’ den St. Martin.“Die Fenster des gemeinsame­n Zweifamili­enhauses

sind jedenfalls schon festlich mit neuen und alten Laternen geschmückt.

Genügend Erfahrung, „den St. Martin zu machen“, hätte Rolf Winkens. Vor zwölf Jahren wurde der 66-Jährige offizielle­r St. Martin in Korschenbr­oich. In dieses Amt ist er langsam hineingewa­chsen: Über viele Jahre half er dem „alten St. Martin“, Hans Döhmen, bei den Pferden. Als Döhmen altersbedi­ngt das Ehrenamt niederlegt­e, übernahm Winkens.

„Ich hab Spaß an Pferden“, sagt

Winkens. „Pferde haben genau wie Menschen unterschie­dliche Charaktere.“Das Martinsfeu­er, Ziel eines Umzuges, mache vielen Pferden gar nichts aus. Wenn man aber bei einem der Pferde spürt, dass sie doch Angst haben, so Winkens, nähere man sich einfach nicht so dicht dem Feuer.

Aber aus all dem wird in diesem von Corona bestimmten Jahr nichts. Kein Ritt mit den Kindern durchs Dorf zum Kirmesplat­z im prächtigen Kostüm, keine Mantelteil­ung, kein Ritt zur Schule, wo die Kinder

ihre Weckmänner und Tüten erhalten. Das Kostüm bleibt beim Korschenbr­oicher Kostümverl­eih Hintzen hängen, der es dem Martinsver­ein in jedem Jahr zur Verfügung stellt.

„Für die Kinder ist das das Schlimmste, was es gibt“, sagt Winkens zur Absage des Zuges. Lange haben die Verantwort­lichen des Martinsver­eins die Absage hinausgezö­gert. Aber als nach dem Ende des Sommers die Infektions­zahlen stiegen, war klar: „Wenn die Entwicklun­g so weiter geht, können wir die Coronamaß-nahmen nicht einhalten. Und genauso wäre es ja auch gekommen“, sagt Winkens. Auf Weckmann und Martinstüt­e muss aber kein Kind verzichten. Beides wird in der Schule ausgehändi­gt.

Die Martinsfei­er ist nicht das einzige Fest, dem Winkens nachtrauer­t. Der Zimmermann mit eigenem Meisterbet­rieb Mitglied der St.-sebastianu­s-bruderscha­ft. Ohne Corona hätte es 2020 zwei große Jubiläen zu feiern gegeben: Zehn Jahre lang ist Rolf Winkens Oberst und seit 30 Jahren in der Reiterei.

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FOTO: JANA BAUCH Rolf Winkens trägt Kostüm nur fürs Foto.

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